Kein versicherter Wegeunfall bei Fahrt von weit entfernt liegender Wohnung der Freundin zur Arbeit
LSG Rheinland-Pfalz 27.9.2012, L 4 U 225/10Der Kläger war auf dem Weg zur Arbeit mit seinem Fahrzeug verunglückt und hatte sich dabei Verletzungen im Bereich der Wirbelsäule zugezogen. Die Fahrt hatte er nicht von seiner Wohnung aus angetreten, die sich 6,5 km von seiner Arbeitsstätte entfernt befindet, sondern von der 55 km entfernten Wohnung seiner damaligen Verlobten.
Die beklagte Unfallkasse lehnte die Anerkennung eines Wegeunfalls ab, weil der längere Weg zur Arbeit nicht durch die betriebliche Tätigkeit geprägt gewesen sei. Der hiergegen gerichteten Klage gab das SG statt. Auf die Berufung der Beklagten hob das LSG diese Entscheidung auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Im Streitfall lag keine Wegeunfall i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vor.
Der gesetzliche Versicherungsschutz verlangt zwar nicht, dass der Arbeitnehmer in jedem Fall von seiner Wohnung aus zur Arbeit fahren muss. Es ist aber erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem Weg und der Tätigkeit in dem Unternehmen besteht. Wird die Fahrt von einem dritten Ort aus unternommen, ist daher entscheidend, ob dieser Weg noch von dem Vorhaben des Versicherten, sich zur Arbeit zu begeben, geprägt ist oder aber wesentlich von dem Wunsch, einen eigenwirtschaftlichen Besuch am dritten Ort abzuschließen.
Ein wesentliches Kriterium für die Prüfung der Angemessenheit ist die Entfernung, wobei auch die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Ist der Weg vom dritten Ort aber unverhältnismäßig länger als von der Wohnung zum Ort der Tätigkeit, wird die erheblich längere Wegstrecke grds. nicht durch die beabsichtigte betriebliche Tätigkeit geprägt, sondern durch die eigenwirtschaftliche Verrichtung am dritten Ort.
Nach diesen Grundsätzen besteht im Streitfall kein Versicherungsschutz. Denn der Weg von der Wohnung der Freundin zur Arbeit, auf dem der Kläger verunglückt ist, war mehr als achtmal so lang wie sein üblicher Weg zur Arbeit. Der Aufenthalt bei der Freundin war auch nicht durch betriebsdienliche Zwecke geprägt, sondern allein eigenwirtschaftlich motiviert, da er der Aufrechterhaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen des Klägers zu seiner damaligen Freundin dienen sollte.
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