15.03.2018

Kein Wiedereinstellungsanspruch aus § 242 BGB nach wirksamer betriebsbedingter Kündigung im Kleinbetrieb

Die vom BAG entwickelten Grundsätze zum Wiedereinstellungsanspruch nach wirksamer betriebsbedingter Kündigung sind in Kleinbetrieben i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 2 bis 4 KSchG nicht anwendbar. Die Anwendung der Grundsätze setzt eine betriebsbedingte Kündigung voraus, die am Maßstab des § 1 Abs. 2 KSchG zu messen ist und damit die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes voraussetzt.

BAG 19.10.2017, 8 AZR 845/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit März 1987 als vorexaminierter Apothekenangestellter in der F-Apotheke tätig. Die Betreiberin der Apotheke war die Apothekerin R, die vormalige Beklagte zu 1). In der Apotheke waren bis Februar 2004 neben dem Kläger vier Arbeitnehmer/innen tätig. Ab Februar bzw. Juli 2004 wurden noch zwei weitere Arbeitnehmer als Boten beschäftigt.

Die vormalige Beklagte zu 1) kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers und aller anderen Arbeitnehmer zum 30.6.2014 mit der Begründung, die Apotheke aus gesundheitlichen Gründen nicht weiterführen zu können. Der Kläger erhob keine Kündigungsschutzklage. Die vormalige Beklagte zu 1) führte die Apotheke zunächst über den 30.6.2014 hinaus mit drei seiner Angestellten fort. Am 15.7.2014 schloss sie mit der nunmehr alleinigen Beklagten, der früheren Beklagten zu 2), einen Kaufvertrag über die Apotheke. Durch den Vertrag wurden die Arbeitsverhältnisse der drei noch in der Apotheke arbeitenden Arbeitnehmer übernommen. Die Apotheke wurde am 1.9.2014 an die Beklagte übergeben.

Der Kläger erhob Klage und beantragte, die Beklagten zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags anzunehmen. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Berufung - nur in Bezug auf die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2) - hatte vor dem LAG ebenso keinen Erfolg wie die Revision vor dem BAG.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Annahme seines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags. Die Beklagte ist nicht nach den durch das BAG entwickelten Grundsätzen zum Wiederherstellungsanspruch nach betriebsbedingter Kündigung zur Wiedereinstellung des Klägers verpflichtet.

Nach der BAG-Rechtsprechung kann einem wirksam betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer zwar ein Wiedereinstellungsanspruch zustehen, wenn zwischen dem Zugang der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist entweder entgegen der Erwartung der bisherige Arbeitsplatz erhalten bleibt oder eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit entsteht. Ein solcher Anspruch, der aus § 242 BGB folgt, kommt daher grds. nur in Betracht, wenn die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit noch im bestehenden Arbeitsverhältnis, also bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entsteht. Der Anspruch kann daher auch gegeben sein, wenn es in diesem Zeitraum zu einem Betriebsübergang und damit zur Fortführung des Betriebs kommt. Geht der Betrieb erst nach der Kündigungsfrist über, kommt ein solcher Anspruch nur in Ausnahmefällen in Betracht.

Diese Grundsätze sind aber nicht in sog. Kleinbetrieben i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 2 bis 4 KSchG und damit in der Apotheke der vormaligen Beklagten zu 1) anwendbar. Die Anwendung setzt eine betriebsbedingte Kündigung voraus, die an den Maßstäben des § 1 Abs. 2 KSchG zu messen ist. Der Wiedereinstellungsanspruch nach einer wirksamen betriebsbedingten Kündigung stellt einen Ausgleich nach § 242 BGB allein dafür dar, dass eine betriebsbedingte Kündigung schon möglich ist, wenn erst lediglich die Prognose besteht und nicht die Gewissheit, dass die Entlassung erforderlich ist. Allein vor diesem Hintergrund ist ein Wiedereinstellungsanspruch nach § 242 BGB aus Gründen der Kompensation gerechtfertigt.

Ein Wiedereinstellungsanspruch aufgrund dessen, dass die Apotheke zunächst entgegen der ursprünglichen Absicht durch die vormalige Beklagte zu 1) fortgeführt wurde, scheidet ebenso aus. Diesen Anspruch hätte der Kläger nur erfolgreich gegenüber der vormaligen Beklagten zu 1). verfolgen können. Seine gegen sie erhobene Klage ist jedoch rechtskräftig abgewiesen worden.

Linkhinweis:
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