27.03.2013

Keine Altersdiskriminierung: Bei Sozialplanabfindungen darf zwischen rentenfernen und -nahen Arbeitnehmern differenziert werden

Die Betriebsparteien dürfen bei der Bemessung von Sozialplanleistungen berücksichtigen, dass Arbeitnehmer eine vorgezogene gesetzliche Altersrente beziehen können. Eine damit verbundene Differenzierung zwischen rentenfernen und rentennahen Arbeitnehmern stellt keine unzulässige Altersdiskriminierung dar und verstößt auch nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 75 Abs. 1 BetrVG.

BAG 26.3.2013, 1 AZR 813/11
Der Sachverhalt:
Die Beklagte vereinbarte mit dem Betriebsrat im Rahmen einer geplanten Umstrukturierung einen Sozialplan, der für den Fall betriebsbedingter Kündigungen Abfindungsleistungen vorsah. Dieser enthielt folgende Regelungen:
  • Die Abfindung berechnet sich grundsätzlich nach dem Bruttoentgelt, der Betriebszugehörigkeit und dem Lebensalter (Standardformel).
  • Nach Vollendung des 58. Lebensjahres erhalten die Beschäftigten einen Abfindungsbetrag, der sich auf einen 85%igen Bruttolohnausgleich unter Anrechnung des Arbeitslosengeldes bis zum frühestmöglichen Eintritt in die gesetzliche Altersrente beschränkt.

Hiernach wurde dem 62-jährigen Kläger eine Abfindung i.H.v. 4.974,62 Euro gezahlt. Er hielt die Sonderregelung für rentennahe Arbeitnehmer für eine unzulässige Altersdiskriminierung und klagte eine weitere Abfindung i.H.v. 234.246,87 Euro nach der Standardformel ein. Hiermit hatte er vor dem BAG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach der Standardformel.

Die im Sozialplan vorgesehene Differenzierung zwischen rentenfernen und rentennahen Arbeitnehmern ist wirksam und stellt insbesondere keine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Das folgt aus dem Zweck des Sozialplans, die künftigen Nachteile auszugleichen, die Arbeitnehmern durch eine Betriebsänderung entstehen. Dafür stehen den Betriebsparteien nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung.

Die an das Lebensalter anknüpfende Berechnung der Abfindung ist danach nach § 10 Satz 3 Nr. 6 Alt. 2 AGG und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG zulässig. Wegen der Überbrückungsfunktion einer Sozialplanabfindung ist es nicht zu beanstanden, wenn die Betriebsparteien bei rentennahen Arbeitnehmern nur deren bis zum vorzeitigen Renteneintritt entstehenden wirtschaftlichen Nachteile nach einer darauf bezogenen Berechnungsformel ausgleichen.

Die Betriebsparteien sind auch nicht gehalten, den rentennahen Arbeitnehmern mindestens die Hälfte einer nach der Standardformel berechneten Abfindung zu gewähren. Dafür findet sich im Unionsrecht keine Grundlage.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 23/13 vom 26.3.2013
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