08.05.2018

Keine Vorgaben zur personellen Mindestbesetzung durch die Einigungsstelle

Eine Einigungsstelle kann auch aus Gründen der Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz gem. § 87 Abs. 1 NR. 7 BetrVG keine Vorgaben an den Arbeitgeber über die personelle Mindestbesetzung beschließen.

LAG Schleswig-Holstein 25.4.2018, 6 TaBV 21/17
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin, die eine Klinik betreibt, und ihr Betriebsrat stritten wiederholt über die Frage der Mindestbesetzung für den Pflegedienst auf bestimmten Stationen bei bestimmten Belegungssituationen. Im Frühjahr 2013 wurde schließlich eine Einigungsstelle zum Arbeits- und Gesundheitsschutz gebildet. Die Beteiligten schlossen Zwischenvereinbarungen. Es wurden insgesamt drei Gutachten zur Belastungs- und Gefährdungssituation der Pflegekräfte eingeholt. Aufgrund dessen, dass sich die Arbeitgeberin und der Betriebsrat nicht über die Bewertung der Ergebnisse und zukünftige Maßnahmen einigen konnten, endete das Einigungsstellenverfahren im Dezember 2016 mit einem Spruch. Dieser sieht eine Schichtbesetzung mit einer bestimmten Anzahl an Pflegekräften für bestimmte Belegungssituationen vor.

Die Arbeitgeberin machte die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs geltend. Sie hatte damit - anders als vorm Arbeitsgericht - vor dem LAG Erfolg. Das LAG ließ die Rechtsbeschwerde zu.

Die Gründe:
Die Einigungsstelle hat ihre Kompetenz schon formal überschritten, indem ihre Entscheidung auf unzulässigen Feststellungen zu bestehenden Gefährdungen basiert. Der Betriebsrat hat zwar gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei betrieblichen Regelungen zum Gesundheitsschutz und dieses bezieht sich auch auf präventive Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers vor Gesundheitsschäden.

Aber eine mitbestimmungspflichtige Handlungspflicht des Arbeitgebers besteht erst, wenn entweder Gesundheitsgefährdungen bereits feststehen oder im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung konkret festgestellt sind. Die Einigungsstelle und das Arbeitsgericht haben die Gefährdung jedoch mit einem Gutachten begründet, welches die Anforderungen an eine Gefährdungsbeurteilung nicht erfüllen.

Zudem hat die Einigungsstelle mit ihrem Spruch - selbst, wenn eine konkrete Gefährdung gegeben wäre - die Grenzen des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG auch inhaltlich überschritten. Bei der Personalplanung des Arbeitgebers hat der Betriebsrat nicht erzwingbar mitzubestimmen. Er kann nach § 92 BetrVG allenfalls die Unterrichtung und Beratung verlangen. Wie der Gesetzgeber in § 3 Abs. 2 ArbSchG verdeutlicht, ist die vom Arbeitgeber festgesetzte Zahl der Beschäftigten bei der Planung und Durchführung der Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 S. 1 ArbSchG zu berücksichtigen. Der Überlastungsschutz des Personals muss also durch andere Maßnahmen gewährleistet werden.

LAG Schleswig-Holstein PM Nr. 3/2018 vom 4.5.2018
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