Klinik in kirchlicher Trägerschaft erkennt Zutrittsrecht der Gewerkschaft zum Zweck der Mitgliederwerbung an
Die Klägerin ist die im Betrieb der Beklagten vertretene Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte betreibt ein Klinikum mit rund 1.300 Mitarbeitern an drei Standorten. Sie ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche W. Zehn Prozent ihrer Beschäftigten sind Mitglieder einer christlichen Gemeinschaft. Bei der Beklagten ist eine Mitarbeitervertretung nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz (EKD) gebildet. Den Arbeitsverhältnissen liegen Arbeitsvertragsbedingungen zugrunde, die durch eine paritätisch von Mitarbeiterseite und Kirchenleitung besetzte Kommission festgelegt werden.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, im Haupthaus des Klinikums an geeigneter Stelle über eine eigene Anschlagtafel oder über einen festen Platz an einer vorhandenen Anschlagtafel verfügen zu können, um dort durch betriebsfremde Gewerkschaftsbeauftragte Informationsmaterial anbringen zu lassen. Sie meint, ihre Ansprüche folgten aus Art. 9 Abs. 3 GG. Zur gewerkschaftlichen Betätigung gehöre die Mitgliederwerbung. Dieses Recht bestehe auch in Einrichtungen der Diakonie. Die Beklagte berief sich demgegenüber auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht.
Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab.
+++ Der Ausgang des Rechtsstreits:
Das BAG hat den Termin zur mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren aufgehoben, weil die Beklagte die Anträge der klagenden Gewerkschaft anerkannt hat.
+++ Der Hintergrund:
Bereits am 20.11.2012 hatte der Erste Senat des BAG zwei grundlegende Entscheidungen zum Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen gefällt. Danach darf in Einrichtungen, die den sog. Dritten Weg eingeschlagen haben, grds. nicht gestreikt werden. Das gilt aber nur, soweit Gewerkschaften in dieses Verfahren organisatorisch eingebunden werden und das Verhandlungsergebnis für die Arbeitgeberseite als Mindestarbeitsbedingung verbindlich ist (BAG, Urt. v. 20.11.2012 - 1 AZR 179/11).
Außerdem hat das BAG das Recht der Kirchen bestätigt, die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten nur dann durch Tarifverträge zu regeln, wenn die Gewerkschaft zuvor einer absoluten Friedenspflicht und einem Schlichtungsabkommen zugestimmt hat (Zweiter Weg). In diesem Fall sind Streikmaßnahmen zur Durchsetzung von Tarifforderungen unzulässig (BAG, Urt. v. 20.11.2012 - 1 AZR 611/11).
Beide Entscheidungen betreffen nicht nur das Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen, sondern auch die Zulässigkeit des sog. Zweiten und Dritten Wegs, die vom BAG bestätigt wird.