Kopftuchverbot für Lehrerinnen an Berliner Schulen ist nicht diskriminierend
ArbG Berlin 14.4.2016, 58 Ca 13376/15Die Klägerin hatte sich bei dem beklagten Land Berlin um eine Stelle als Grundschullehrerin beworben. Das Land lehnte die Bewerbung ab, weil die Klägerin ein muslimisches Kopftuch trägt. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung einer Entschädigung nach dem AGG, weil sie wegen ihrer Religion diskriminiert worden sei. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.
+++ Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer Entschädigung aus § 7 AGG. Sie ist zwar im Vergleich zu Mitbewerbern, die keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen, schlechter behandelt worden. Der Beklagte hat hiermit aber lediglich die Vorgaben von § 2 des Berliner Neutralitätsgesetzes umgesetzt, wonach es Lehrkräften in öffentlichen Schulen untersagt ist, religiös geprägte Kleidungsstücke zu tragen. Die Ungleichbehandlung war daher gerechtfertigt.
§ 2 des Berliner Neutralitätsgesetzes begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur Normenkontrolle kommt daher nicht in Betracht.
Das Bundesverfassungsgericht hatte zwar am 27.1.2015 (Az.: 1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10) eine ähnliche Regelung in § 57 Abs. 4 des Schulgesetzes von Nordrhein-Westfalen als verfassungswidrig angesehen. Die Berliner Regelung unterscheidet sich jedoch von der nordrhein-westfälischen dadurch, dass sie keine gleichheitswidrige Privilegierung zugunsten christlich-abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen vorsieht; sie behandelt vielmehr alle Religionen gleich. Außerdem gilt das Verbot religiöser Bekleidung nach § 3 Neutralitätsgesetz nicht für alle Lehrkräfte; Lehrer an berufsbildenden Schulen sind hiervon ausgenommen.
+++ Der Hintergrund:
In den Leitsätzen der Entscheidung des BVerfG vom 27.1.2015 (Az.: 1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10) heißt es wörtlich:
"Der Schutz des Grundrechts auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) gewährleistet auch Lehrkräften in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die Freiheit, einem aus religiösen Gründen als verpflichtend verstandenen Bedeckungsgebot zu genügen, wie dies etwa durch das Tragen eines islamischen Kopftuchs der Fall sein kann.
(...) Werden äußere religiöse Bekundungen durch Pädagoginnen und Pädagogen in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule zum Zweck der Wahrung des Schulfriedens und der staatlichen Neutralität gesetzlich untersagt, so muss dies für alle Glaubens- und Weltanschauungsrichtungen grundsätzlich unterschiedslos geschehen."