Kranke Arbeitnehmer müssen grds. nicht an einem Personalgespräch teilnehmen
LAG Nürnberg 1.9.2015, 7 Sa 592/14Die Klägerin war seit 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Am Morgen des 18.3.2013 meldete sie sich per E-Mail von der Arbeit ab. Sie wolle spontan eine Woche Urlaub nehmen, um ein Änderungsangebot der Beklagten in Ruhe zu überdenken. Der Geschäftsführer der Beklagten teilte ihr mit, dass er so lange auf ihre Entscheidung nicht warten könne; diese müsse bis zum 20.3.2013 vorliegen. Ab dem 20.3.2013 war die Klägerin krankgeschrieben. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis zum 30.6.2013 an.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis noch am 20.3.2013 ordentlich zum 30.5.2013. In der Folgezeit lud die Beklagte die Klägerin mehrfach kurzfristig zu einem Personalgespräch ein, ohne das Thema der Besprechung mitzuteilen. Die Klägerin blieb den Terminen jeweils fern, erhielt sodann eine Abmahnung und schließlich am 14.5.2013 eine weitere Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.7.2013.
Die gegen beide Kündigungen gerichtete Klage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG Erfolg. Das LAG ließ allerdings wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zu, die unter dem Aktenzeichen 2 AZR 855/15 beim BAG anhängig ist.
Die Gründe:
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nicht wirksam gekündigt. Die Klägerin ist zwar wiederholt nicht zu dem von der Beklagten angeordneten Personalgespräch erschienen. Hierzu war sie aber auch nicht verpflichtet.
Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, darf der Arbeitgeber ihm keine Weisungen bezüglich der Arbeitsleistung erteilen, da kranke Arbeitnehmer von der Erbringung der Arbeitsleistung befreit sind. Demnach konnte die Beklagte nicht wirksam anordnen, dass die Klägerin während ihrer Arbeitsunfähigkeit zu einem Personalgespräch erscheinen sollte. Dabei ist es unerheblich, ob die Klägerin aufgrund ihres Gesundheitszustandes in der Lage gewesen wäre, an den Gesprächen teilzunehmen. Sie war hierzu nicht verpflichtet. Eine teilweise Arbeitsunfähigkeit gibt es nicht.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin verpflichtet war, an den Personalgesprächen teilzunehmen, weil es darin um sog. leistungssichernde Verhaltenspflichten hätte gehen sollen. Zum einen besteht während einer Arbeitsunfähigkeit unabhängig vom Thema generell keine Verpflichtung, an einem vom Arbeitgeber angeordneten Personalgespräch teilzunehmen. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass sich das Personalgespräch auf die Ordnung/das Verhalten der Klägerin im Betrieb beziehen sollte, das über die bereits der Klägerin schriftlich erteilten Rügen hinausging.
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