19.10.2020

Kündigung eines Bergmanns auf Prosper-Haniel unwirksam

Die Kündigung eines Bergmanns ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber die im Rahmen der Massenentlassung gem. § 17 Abs. 2 KSchG erforderliche Konsultation mit dem falschen, weil unzuständigen Gremium, dem örtlichen Betriebsrat, durchgeführt hat. Nicht der örtliche, sondern der Gesamtbetriebsrat ist zuständig, wenn der Maßnahme ein einheitliches unternehmerisches Gesamtkonzept zugrunde liegt, das sich über mehrere Betriebe erstreckt und deshalb einer einheitlichen Regelung bedarf.

LAG Düsseldorf v. 15.10.2020 - 11 Sa 799/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 1997 bei der Beklagten, einem Unternehmen des Steinkohlebergbaus, als Arbeiter unter Tage auf dem Bergwerk Prosper-Haniel beschäftigt. Das Bergwerk stellte im September 2018 als letztes Steinkohlenbergwerk in der Bundesrepublik Deutschland die Kohlenförderung ein. Seitdem fanden Aufräumungsarbeiten, das sog. "Rauben", statt. Im Anschluss daran war und ist die Beklagte (weiterhin) zur Grundwassersicherung verantwortlich. Diese sog. Ewigkeitsarbeiten sollten von anderen Betrieben des Unternehmens ausgeführt werden. Im Rahmen des Auslaufens der Steinkohlenförderung können ältere und länger beschäftigte Bergleute Anpassungsgeld (APG) erhalten, bis sie Rentenleistungen aus der Knappschaft erhalten. Dem Kläger steht diese Möglichkeit auf Grund seines Alters und der Dauer seiner Tätigkeit im Bergbau nicht zu.

Bereits im Jahr 2015 wurde in einem mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleich die Schließung des Bergwerks Prosper-Haniel angesprochen. Im Januar 2019 schlossen die Beklagte und der örtliche Betriebsrat der Zeche Prosper-Haniel einen Interessenausgleich mit Namensliste, die den Namen des Klägers enthält. Insgesamt mindestens 178 APG-berechtigten Arbeitnehmern wurde nicht gekündigt; sie wurden stattdessen überwiegend in den Betrieb verlegt, der nunmehr auch für die Wasserhaltung von Prosper-Haniel zuständig ist. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.12.2019. Hiergegen wendete sich der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage.

Das ArbG wies die Kündigungsschutzklage ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem LAG teilweise Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Kündigung ist unwirksam, weil die Beklagte die im Rahmen der Massenentlassung gem. § 17 Abs. 2 KSchG erforderliche Konsultation mit dem falschen, weil unzuständigen Gremium, dem örtlichen Betriebsrat, durchgeführt hat.

Nicht der örtliche, sondern der Gesamtbetriebsrat ist zuständig, wenn der Maßnahme ein einheitliches unternehmerisches Gesamtkonzept zugrundeliegt, das sich über mehrere Betriebe erstreckt und deshalb einer einheitlichen Regelung bedarf. Dies hat die Beklagte nicht beachtet. Sie hat nicht nur - isoliert - den Betrieb des Bergwerks Prosper-Haniel geschlossen, sondern darüber hinaus entschieden, von wo aus und mit welchen - zum Teil noch zu verlegenden - Arbeitnehmern die anschließenden Ewigkeitsarbeiten von einem anderen Betrieb aus erledigt werden sollten. Die Schließung der Zeche Prosper Haniel war damit nur letzter Baustein eines einheitlichen Konzepts.

Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz die Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses geltend gemacht hat, wurde die Berufung zurückgewiesen.

+++ Anmerkung: +++
Die 11. Kammer des LAG hat am gleichen Tag einen im wesentlichen gleich gelagerten Fall entschieden (LAG Düsseldorf v. 15.10.2020 - 11 Sa 88/20).
LAG Düsseldorf PM vom 15.10.2020
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