Kündigung eines Fraktionsmitarbeiters zum Ende der Legislaturperiode des Bayerischen Landtags unwirksam
LAG München v. 26.9.2024 - 3 SLa 46/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 2019 unbefristet bei der AFD-Fraktion im Bayerischen Landtag als Fraktionsmitarbeiter bzw. Referent für die Bereiche Bildung und Fragen des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Mit Schreiben vom 18.9.2023 erhielt er eine ordentliche Kündigung zum 31.10.2023 mit der Begründung, dass sich die Fraktion mit dem Beginn der neuen Legislaturperiode ab dem 18.10.2023 auflöst (Grundsatz der Diskontinuität).
Die Arbeitgeberin war der Auffassung, dass die Rechtslage bei inhaltlich gestaltend mitwirkenden Mitarbeitern in Presse und Medienanstalten oder bei kirchlichen Tendenzbetrieben vergleichbar ist und machte geltend, der Arbeitsplatz sei ersatzlos und dauerhaft weggefallen, da die bisherige Fraktion des bayerischen Landtags der 18. Legislaturperiode und deren Stellen nicht mehr existierten.
Das ArbG gab der Kündigungsschutzklage wegen Fehlens der Prognose eines dauerhaften Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs statt. Die Mitgliederzahl der neuen Fraktion sei von 17 auf 32 gestiegen und der Bedarf an Arbeitskräften mindestens so groß, wie vorher. Dementsprechend seien Stellenanzeigen geschaltet und die bisherigen Mitarbeiter aufgefordert worden, sich neu zu bewerben. Der Arbeitsplatz des Klägers sei daher nicht weggefallen. Zwar müsse eine Fraktion nach ihrer Neukonstituierung jeweils entscheiden können, von welchen wissenschaftlichen Mitarbeitern sie sich künftig beraten und in ihrer parlamentarischen Arbeit unterstützen lassen wolle. Diesem verfassungsrechtlich verbürgten parlamentarischen Teilhaberecht sei aber durch die anerkannte Möglichkeit einer Befristung der Arbeitsverhältnisse eines wissenschaftlichen Mitarbeiters, dessen Aufgabe darin bestehe, die Fraktion durch fachliche Beratung und politische Bewertung zu unterstützen, ausreichend Rechnung getragen. Ein Kündigungsgrund für die alte Fraktion bestehe aufgrund des Grundsatzes der Diskontinuität nicht. Allenfalls könne dieser zu der Möglichkeit einer personenbedingten Kündigung für die neugebildete Fraktion führen, wenn der Kläger ihren sachlichen und politischen Vorstellungen nicht entspreche und sie ihn für persönlich ungeeignet hält, um sie bei ihrer politischen Tätigkeit weiter zu unterstützen.
Die Berufung der Arbeitgeberin hatte vor dem LAG keinen Erfolg. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig
Die Gründe:
§ 4 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Fraktionsgesetzes mildert das Prinzip der Diskontinuität ab: hiernach gilt die Fraktion über die Dauer der Wahlperiode hinaus als fortbestehend, sofern sie sich in der folgenden Wahlperiode nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtags neu bildet. Davon war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung auszugehen, so dass keine Prognose für den Wegfall des Arbeitsplatzes bestand und daher auch kein Kündigungsrecht für die bisherige Fraktion. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen für eine neu gebildete Fraktion Kündigungsmöglichkeiten in Betracht kommen können, war vorliegend nicht zu entscheiden.
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LAG München PM vom 27.9.2024
Der Kläger war seit 2019 unbefristet bei der AFD-Fraktion im Bayerischen Landtag als Fraktionsmitarbeiter bzw. Referent für die Bereiche Bildung und Fragen des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Mit Schreiben vom 18.9.2023 erhielt er eine ordentliche Kündigung zum 31.10.2023 mit der Begründung, dass sich die Fraktion mit dem Beginn der neuen Legislaturperiode ab dem 18.10.2023 auflöst (Grundsatz der Diskontinuität).
Die Arbeitgeberin war der Auffassung, dass die Rechtslage bei inhaltlich gestaltend mitwirkenden Mitarbeitern in Presse und Medienanstalten oder bei kirchlichen Tendenzbetrieben vergleichbar ist und machte geltend, der Arbeitsplatz sei ersatzlos und dauerhaft weggefallen, da die bisherige Fraktion des bayerischen Landtags der 18. Legislaturperiode und deren Stellen nicht mehr existierten.
Das ArbG gab der Kündigungsschutzklage wegen Fehlens der Prognose eines dauerhaften Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs statt. Die Mitgliederzahl der neuen Fraktion sei von 17 auf 32 gestiegen und der Bedarf an Arbeitskräften mindestens so groß, wie vorher. Dementsprechend seien Stellenanzeigen geschaltet und die bisherigen Mitarbeiter aufgefordert worden, sich neu zu bewerben. Der Arbeitsplatz des Klägers sei daher nicht weggefallen. Zwar müsse eine Fraktion nach ihrer Neukonstituierung jeweils entscheiden können, von welchen wissenschaftlichen Mitarbeitern sie sich künftig beraten und in ihrer parlamentarischen Arbeit unterstützen lassen wolle. Diesem verfassungsrechtlich verbürgten parlamentarischen Teilhaberecht sei aber durch die anerkannte Möglichkeit einer Befristung der Arbeitsverhältnisse eines wissenschaftlichen Mitarbeiters, dessen Aufgabe darin bestehe, die Fraktion durch fachliche Beratung und politische Bewertung zu unterstützen, ausreichend Rechnung getragen. Ein Kündigungsgrund für die alte Fraktion bestehe aufgrund des Grundsatzes der Diskontinuität nicht. Allenfalls könne dieser zu der Möglichkeit einer personenbedingten Kündigung für die neugebildete Fraktion führen, wenn der Kläger ihren sachlichen und politischen Vorstellungen nicht entspreche und sie ihn für persönlich ungeeignet hält, um sie bei ihrer politischen Tätigkeit weiter zu unterstützen.
Die Berufung der Arbeitgeberin hatte vor dem LAG keinen Erfolg. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig
Die Gründe:
§ 4 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Fraktionsgesetzes mildert das Prinzip der Diskontinuität ab: hiernach gilt die Fraktion über die Dauer der Wahlperiode hinaus als fortbestehend, sofern sie sich in der folgenden Wahlperiode nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtags neu bildet. Davon war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung auszugehen, so dass keine Prognose für den Wegfall des Arbeitsplatzes bestand und daher auch kein Kündigungsrecht für die bisherige Fraktion. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen für eine neu gebildete Fraktion Kündigungsmöglichkeiten in Betracht kommen können, war vorliegend nicht zu entscheiden.
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