13.06.2024

Kündigung eines Redakteurs bei der Deutschen Welle wegen antisemitischer Äußerungen wirksam

Die fristlose Kündigung eines in der arabischen Redaktion der Deutschen Welle beschäftigten gehobenen Redakteurs wegen antisemitischer Äußerungen ist wirksam. Als sog. Tendenzträger war er verpflichtet, sowohl bei seiner Arbeitsleistung als auch im außerbetrieblichen Bereich nicht gegen die Tendenz, das heißt die grundsätzlichen Zielsetzungen, der Deutschen Welle zu verstoßen. Dazu gehören die Grundsätze, das Existenzrecht Israels nicht in Frage zu stellen und sich gegen Antisemitismus sowie jegliche Versuche, diesen zu verbreiten, einzusetzen.

LAG Berlin-Brandenburg v. 4.4.2024 - 5 Sa 894/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 2005 - zunächst als freier Mitarbeiter - bei der beklagten Deutschen Welle beschäftigt. Im Zeitraum von 2014 bis 2019 veröffentlichte er auf seinen privaten Facebook- und Twitter-Konten Äußerungen zu Israel und Palästina, die (nach Auffassung des LAG) antisemitischen Charakter hatten und das Existenzrecht Israels in Abrede stellten. Im Jahr 2021 schloss der Kläger ein befristetes Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ab. Nachdem diese aufgrund von Presseberichten über angeblich antisemitische Äußerungen anderer Beschäftigter der arabischen Redaktion eine externe Untersuchung veranlasst hatte, löschte er 2022 einige dieser Veröffentlichungen und kündigte dem Kläger.

Das ArbG gab der Kündigungsschutzklage statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das LAG die Klage ab. Die Revision zum BAG wurde nicht zugelassen. Hiergegen kann der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH erheben.

Die Gründe:
Der Kläger war als sog. Tendenzträger verpflichtet, sowohl bei seiner Arbeitsleistung als auch im außerbetrieblichen Bereich nicht gegen die Tendenz, das heißt die grundsätzlichen Zielsetzungen, der beklagten Deutschen Welle zu verstoßen. Dazu gehören die Grundsätze, das Existenzrecht Israels nicht in Frage zu stellen und sich gegen Antisemitismus sowie jegliche Versuche, diesen zu verbreiten, einzusetzen. Da derartige Äußerungen eines Redakteurs auch im privaten Bereich geeignet sind, den Ruf der Beklagten als Stimme der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zu schädigen, liegt eine schwerwiegende Verletzung vertraglicher Nebenpflichten vor, die zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigten.

Auch wenn der Kläger nach Begründung des Arbeitsverhältnisses keine zu beanstandenden Äußerungen mehr veröffentlicht hat, wirken sich die zuvor getätigten und auch nach Begründung des Arbeitsverhältnisses noch öffentlich abrufbaren Äußerungen weiter aus. Da der Kläger aufgrund der Rundfunkfreiheit der Deutschen Welle gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gehalten ist, die Tendenz der Beklagten zu wahren, kann er sich für antisemitische und das Existenzrecht Israels leugnende Äußerungen auch nicht mit Erfolg auf seine Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) berufen.

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Rechtsprechung
Tendenzschutz bei der Rückholung von Redakteuren aus dem Homeoffice
ArbG Rostock vom 19.07.2023 - 4 BV 20/22
Sascha Schewiola, ArbRB 2023, 264
ARBRB0059059

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LAG Berlin-Brandenburg PM Nr. 11 vom 12.6.2024
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