18.11.2024

Kürzungsvorbehalt in Gesamtzusage kann Kürzungsvereinbarung begründen

Der Kürzungsvorbehalt in einer Gesamtzusage für eine Inflationsausgleichsprämie kann eine Kürzungsvereinbarung begründen. Der Umstand, dass möglicherweise das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht beachtet wurde, führt zu keiner geänderten Betrachtung.

ArbG Suhl v. 23.10.2023 - 6 Ca 244/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger war bei der Beklagten von 2015 bis Ende 2023 als Mitarbeiter in der Werkzeuginstandsetzung beschäftigt. Am 26.5.2023 hatte der Geschäftsführer der Beklagten eine Mitarbeiterinformation bekannt gegeben, die für den Zeitraum Juni 2023 bis Dezember 2023 eine einmalige und steuer- und sozialversicherungsfreie Prämie i.H.v. 1.500 € vorsah. Die Mitarbeiterinfo schloss mit der Formulierung:

"Je nach Eintritt im siebenmonatigen Zeitraum wird der Betrag anteilig ausgezahlt. Zudem wird die Prämie für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in dem Zeitraum 06/23 bis 12/23 gekürzt. Hierzu verweisen wird auf den § 4a EFZG. Jeder Mitarbeiter erhält eine detaillierte Beschreibung mit Berechnungsbeispielen in der nächsten Woche."

Alle Mitarbeiter - so auch der Kläger - erhielten am 26.5.2023 ein Schreiben zur "Inflationsausgleichprämie". Auf Nachfrage des Klägers nahm die Beklagte am 6.2.2024 eine Nachberechnung für Dezember 2023 vor und rechnete für den Kläger eine Inflationsausgleichsprämie i.H.v. 713 €, die ausgezahlt wurde. Die Beklagte begründete die Kürzung mit den Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers im Zeitraum Juni bis Dezember 2023.

Der Kläger war der Ansicht, ohne ausdrückliche Kürzungsvereinbarung sei eine Minderung wegen ausgefallener Arbeitszeit nicht möglich. Zwar führe die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auch in diesem Fall zu einer - teilweisen - Störung des Austauschverhältnisses. Doch sei diesbezüglich durch § 4a EFZG eine abschließende Risikozuweisung erfolgt. Die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie basiere auf eine Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat. Eine Möglichkeit der Kürzung der Prämie gem. § 4a EFZG wäre nicht Gegenstand der Vereinbarung gewesen.

Das Arbeitsgericht hat die auf Zahlung weiterer 787 € gerichtete Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Die Mitarbeiterinformation vom 26.5.2023 enthält eine Kürzungsvereinbarung i.S.v. § 4a EntgFG, die mit der Verweisung auf § 4a EFZG auch hinreichend bestimmt war.

Die Mitarbeiterinformation enthält Ausführungen zur Kürzungsmöglichkeit unter Verweisung auf § 4a EFZG und konnte deshalb von den Arbeitnehmern auch nur mit diesem Inhalt angenommen werden. Die weitere Bezugnahme auf eine detaillierte Beschreibung mit Berechnungsbeispielen, die noch folgen sollte, zielte ab auf das von der Beklagten vorgelegte Informationsschreiben, das explizit für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit den Wortlaut der maximal zulässigen Kürzung nach § 4 a EFZG zitierte. Damit ist die Kürzungsvereinbarung Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden.

Der Umstand, dass möglicherweise das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht beachtet worden ist, führt zu keiner geänderten Betrachtung. Wäre die Folge des Verstoßes die Unwirksamkeit der Vereinbarung, beträfe dies den Anspruch insgesamt und nicht nur die Kürzungsmöglichkeit. Nach Auffassung der Kammer führt der Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Zusage.

Da der Kläger im Zeitraum Juni bis Dezember 2023 unstreitig Arbeitsunfähigkeitszeiten absolviert hatte, konnte die Inflationsausgleichsprämie gekürzt werden. Mangels konkreter Daten zum Umfang der Arbeitsunfähigkeitszeiten sowie zu den Bemessungsgrundlagen des durchschnittlichen Arbeitstagentgelts konnte eine Überprüfung der vorgenommenen Berechnung nicht erfolgen. Jedenfalls stand dem Kläger aber nicht der volle Betrag zu. Für die Berechnung eines geringeren Differenzbetrages fehlte klägerischer Vortrag.

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Aufsatz:
Keine Inflationsausgleichsprämie in Passivphase der Altersteilzeit
LAG Düsseldorf vom 5.3.2024 - 14 Sa 1148/23
Ulrich Tödtmann / Julius Quicker, DB 2024, 2298

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