25.10.2012

Kurzzeitige Beschäftigung in B.-&-Q.-Gesellschaft kann Umgehung von § 613a BGB darstellen

Eine kurzzeitige (hier: nur 30 Minuten andauernde) Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses durch einen Wechsel zu einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (B & Q) stellt eine unzulässige Umgehung des § 613a BGB dar. Das gilt jedenfalls dann, wenn für den Arbeitnehmer klar ist, dass alsbald nach dem Wechsel seine Neueinstellung durch den Betriebserwerber erfolgen wird. Rechtsfolge ist, dass der Wechsel in die B & Q unwirksam ist und der Betriebserwerber in die Rechte und Pflichten der vom Veräußerer abgeschlossenen Arbeitsverträge eintritt.

BAG 25.10.2012, 8 AZR 572/11
Der Sachverhalt:
Nachdem über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, versuchte der Insolvenzverwalter das Unternehmen zu veräußern. Im März 2008 verpflichtete sich die spätere Betriebserwerberin tarifvertraglich, von den ca. 1.600 Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin nach dem Erwerb der Betriebsstätten über 1.100 unbefristet und 400 befristet zu beschäftigen. Danach schloss sie mit dem Insolvenzverwalter einen Kaufvertrag über die sächlichen Betriebsmittel.

Im April 2008 vereinbarte der Insolvenzverwalter mit Betriebsrat und Gewerkschaft einen Interessenausgleich und Sozialplan zu einer "übertragenden Sanierung".

Anschließend erhielten die Arbeitnehmer auf einer Betriebsversammlung das Formular eines dreiseitigen Vertrags ausgehändigt, der das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 31.5.2008 und die Vereinbarung eines neuen Arbeitsverhältnisses ab dem 1.6.2008, 00.00 Uhr, mit der B & Q vorsah. Gleichzeitig erhielten die Arbeitnehmer vier weitere von ihnen zu unterzeichnende Angebote für ein neues Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin, beginnend am 1.6.2008, 00.30 Uhr. Ein Angebot beinhaltete einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Betriebserwerberin, die anderen drei sahen unterschiedlich lang befristete Arbeitsverhältnisse vor.

Der Kläger unterzeichnete alle fünf Vertragsangebote. Die Betriebserwerberin nahm das Angebot des Klägers für ein auf 20 Monate befristetes Arbeitsverhältnis an. Im Juni 2009 begehrte der Kläger Entfristung. Das Arbeitsgericht wies die hierauf gerichtete Klage ab; das LAG gab ihr statt. Das BAG bestätigte diese Entscheidung.

Die Gründe:
Zwischen den Parteien besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, da der Betrieb der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers auf die Beklagte übergegangen und diese daher gem. § 613a BGB in die Rechte und Pflichten der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnisse eingetreten ist.

In dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte den Betrieb erwarb, stand der Kläger zwar nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zum Veräußerer, sondern zu der B& Q. Wechseln Arbeitnehmer aber - wie hier - durch einen dreiseitigen Vertrag vom Betriebsveräußerer zu B & Q, so ist diese Vereinbarung unwirksam, wenn es für den Arbeitnehmer klar erschien, dass alsbald seine Neueinstellung durch einen Betriebserwerber erfolgen werde.

Nach diesen Grundsätzen kann sich die Beklagte auf die nur halbstündige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses nicht berufen. Nach den Umständen, unter denen dieser Vertrag zustande kam, war es klar, dass lediglich die Kontinuität des Arbeitsverhältnisses unterbrochen werden sollte, um die Rechtsfolgen des § 613a BGB zu umgehen. Dass der Kläger nicht dauerhaft aus dem Betrieb ausscheiden sollte, ergab sich für ihn sowohl aus den Rahmenvereinbarungen des Insolvenzverwalters als auch daraus, dass er gleichzeitig mit der Unterzeichnung des B-&-Q-Angebots vier Angebote für ein neues Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin abzugeben hatte.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 76 vom 25.10.2012
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