Lohnzahlungen an Ehefrau nach Freistellung können in der Insolvenz anfechtbar sein
BAG 17.12.2015, 6 AZR 186/14Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners S. Über dessen Vermögen wurde auf Antrag vom 9.10.2009 im Januar 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die beklagte Ehefrau des S war von September 2003 bis Oktober 2009 im Betrieb ihres Ehemannes angestellt. Nachdem sich das Ehepaar getrennt hatte, hatte S die Beklagte spätestens seit Januar 2005 von der Arbeitsleistung freigestellt. Das vereinbarte Entgelt i.H.v. 1.100 Euro brutto monatlich zahlte er ihr trotzdem weiter.
Der Kläger erklärte die Schenkungsanfechtung und begehrte die Rückzahlung des zwischen Oktober 2005 und August 2009 gezahlten Nettoentgelts von 29.696,01 Euro. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab; das LAG gab ihr statt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem BAG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Kläger hat die zwischen Oktober 2005 und August 2009 erfolgten Gehaltszahlungen an die Beklagte wirksam gem. § 134 Abs. 1 InsO angefochten und kann folglich die Rückzahlung des in diesem Zeitraum geleisteten Nettoentgelts verlangen.
§ 134 Abs. 1 InsO sieht vor, dass unentgeltliche Leistungen des Schuldners, die in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sind, ohne weitere Voraussetzungen angefochten werden können. Dies beruht auf dem Gedanken, dass der Empfänger einer solchen Leistung nicht schutzwürdig ist. Unentgeltlich sind Zahlungen, denen nach der ihnen zugrunde liegenden Vereinbarung keine Gegenleistung gegenübersteht.
Zahlungen, die in einem Arbeitsverhältnis als Gegenleistung für die geleistete Arbeit erfolgen, sind demnach grds. entgeltlich. Dies gilt auch, soweit gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen den Grundsatz "kein Entgelt ohne Arbeit" durchbrechen und z.B. an Feiertagen, für die Zeit des Urlaubs, der Arbeitsunfähigkeit oder der Freistellung von der Arbeitspflicht wegen Arbeitsmangels eine Entgeltzahlungspflicht ohne Arbeitsleistung vorsehen. Denn mit derartigen Zahlungen erfüllt der Arbeitgeber gesetzliche oder tarifliche Verbindlichkeiten als Teil seiner Hauptleistungspflicht.
Etwas anderes gilt aber, wenn eine Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht vereinbart wird, obwohl Arbeit vorhanden ist. In diesem Fall sind Entgeltzahlungen in der Regel unentgeltlich und nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar.
Eine solche Konstellation liegt hier vor. Durch die Freistellung haben S und die Beklagte den Inhalt des Arbeitsverhältnisses geändert. Die beiden waren sich darüber einig, dass die Beklagte für das Arbeitsentgelt keine Gegenleistung erbringen musste. Die Zahlungen nach der Freistellung erfolgten deshalb unentgeltlich.
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