09.06.2017

Mitbestimmung bei Einstellung: Keine Pflicht des Arbeitsgebers zur Vorlage nicht existenter Unterlagen

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung gem. § 99 BetrVG vor einer Einstellung Unterlagen vorzulegen, die ihm nicht vorliegen (hier: "Scientology-Schutzerklärung"). Insbesondere muss er diese nicht extra für das Verfahren herstellen.

ArbG München 16.3.2017, 12 BV 394/16
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin ist eine Betriebsgesellschaft, die ein öffentliches Zentrum für zeitgenössische Kunst mit wechselnden Ausstellungen betreibt. Sie beabsichtigte, zum 1.8.2016 im Bereich der Aufsicht zwei neue Mitarbeiterinnen einzustellen. Diesen hatte sie keine sog. Scientology-Schutzerklärungen ausgehändigt.

Die Arbeitgeberin informierte den Betriebsrat per E-Mail am 18.7.2016 über die geplanten Neueinstellungen und ersuchte gem. § 99 Abs. 1 BetrVG um seine Zustimmung. Dem Vorgang fügte sie die ausgefüllten Personalbögen und Bewerbungsschreiben der beiden einzustellenden Mitarbeiterinnen bei. Der Betriebsrat bat im Folgenden zur Vervollständigung der Bewerberunterlagen um die von den Bewerbern unterzeichnete Scientology-Schutzerklärung. Er war der Auffassung, erst dann seine Zustimmung erteilen zu können, wenn diese auch vorlägen.

Die Arbeitgeberin beantragte vor dem Arbeitsgericht festzustellen, dass die vom Betriebsrat verweigerten Zustimmungen zu den beiden Einstellungen als erteilt gelten. Das Arbeitsgericht gab dem Antrag statt.

Die Gründe:
Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, da er seine Zustimmung nicht innerhalb der Frist gem. § 99 Abs. 3 BetrVG unter Angaben von Gründen schriftlich verweigert hat. Die Frist hat am 18.7.2016 durch die Unterrichtung der Arbeitgeberin über die geplanten Einstellungen zu laufen begonnen. Die Beifügung der Scientology-Schutzerklärungen war hierfür nicht nötig und hemmte nicht den Fristlauf.

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des BAG muss der Arbeitgeber im Rahmen der Anhörung nach § 99 BetrVG nur Unterlagen beim Betriebsrat einreichen über die er auch verfügt. Es ist insbesondere nicht notwendig, Unterlagen extra für die Anhörung herzustellen. Sinn und Zweck des § 99 BetrVG ist es, den Betriebsrat auf den gleichen Kenntnisstand zu bringen, den der Arbeitgeber hat. Möchte der Betriebsrat ihn dazu anhalten im Rahmen des Einstellungsverfahrens bestimmte Unterlagen herzustellen, so stehen ihm dafür andere Rechte nach §§ 93 bis 95 bzw. § 23 BetrVG zur Verfügung. § 99 BetrVG ist dazu nicht geeignet.

Aus § 95 Abs. 2 BetrVG folgt, dass dem Betriebsrat ein Recht zur Erstellung von Auswahlkriterien, deren Einhaltung er auch im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG einwenden kann, erst ab einer Betriebsgröße von 500 Mitarbeitern zusteht. Eine Pflicht zur Herstellung von nicht vorhandenen Unterlagen für die Anhörung nach § 99 BetrVG würde der Wertung des § 95 Abs. 2 BetrVG widersprechen.

juris
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