Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats anlässlich des Verbots der Nutzung privater Mobiltelefone und mobiler IT-Geräte
Hessisches LAG v. 16.7.2020 - 5 TaBV 178/19
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin führt luftfahrtrelevante Informationen zusammen und stellt die Richtigkeit, Aktualität und Qualität der in der Datenbank enthaltenen Daten und damit den operativen Betrieb der Datenbank rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche sicher. Die von sog. Operatoren ausgeführten Tätigkeiten sind allesamt für die sichere Durchführung des Flugverkehrs relevant. Die Arbeiten werden im sog. Betriebsraum in der Regel von vier bis sechs Mitarbeitern verrichtet. Der sog. Supervisor beaufsichtigt die Arbeitsausführung und unterstützt die Operatoren bei Fragen.
Nachdem trotz wiederholter Apelle eine zunehmende Nutzung privater Mobilfunktelefone und mobiler IT-Geräte im Betriebsraum beobachtet worden war, gab die Arbeitgeberin ihre Entscheidung bekannt, dass ab November 2018 die Nutzung privater Mobilfunktelefone und mobiler IT-Geräte während der Arbeitszeit im Betriebsraum untersagt sei. Den Operatoren wurde gestattet, die Rufnummer der Supervisor an Dritte weiterzugeben, damit sie in Notfällen telefonisch während der Arbeitszeit erreicht werden können.
Gegen diese Anordnung wandte sich der Betriebsrat. Er war der Ansicht, dass die Maßnahme der Arbeitgeberin mitbestimmungspflichtig sei, da sie das Ordnungsverhalten betreffe. Die Nutzung eines privaten Mobilfunktelefons - etwa durch das Lesen einer WhatsApp - sei gerade keine Eingabe von Fluginformationen. Es sei ausschließlich privat veranlasst und habe mit der Leistungserbringung nichts zu tun.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen. Auch die Beschwerde gegen den Beschluss vor dem LAG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Der Betriebsrat hat zwar grundsätzlich neben dem allgemeinen Unterlassungsanspruch gegen zu erwartende weitere Verstöße auch einen Anspruch auf Beseitigung eines mitbestimmungswidrigen Zustands. Der Beseitigungsanspruch ist bei bereits eingetretener Beeinträchtigung das Gegenstück zum Unterlassungsanspruch. Die anspruchsbegründenden Voraussetzungen lagen hier aber nicht vor, da dem Betriebsrat das reklamierte Mitbestimmungsrecht nicht zusteht. Denn die Anordnung der Arbeitgeberin, die Nutzung privater Mobilfunktelefone und mobiler IT-Geräte während der Arbeitszeit im Betriebsraum zu unterlassen, betrifft nicht Fragen der Ordnung des Betriebs.
Zwar hat das BAG entschieden, dass die Frage, ob im Betrieb während der Arbeitszeit Radio gehört werden darf, mitbestimmungspflichtig ist. Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Vielmehr sind Fälle denkbar, in denen die Anordnung, während der Arbeit kein Radio zu hören, auch die Art und Weise betrifft, wie die Arbeit zu verrichten ist. Solche Fälle würden kein generelles Verbot rechtfertigen. Sie würden dem Arbeitgeber nur erlauben, die Tätigkeiten zu bestimmen, bei denen kein Radio gehört werden darf.
Infolgedessen handelte es sich im Streitfall nicht um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Das Unterlassen der Nutzung privater Mobilfunktelefone und mobiler IT-Geräte während der Arbeitszeit im Betriebsraum gehörte nämlich zum Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung. Es handelte sich nicht um ein arbeitsbegleitendes Verhalten, sondern um Tätigkeiten, denen die Arbeitnehmer neben der Erledigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeit nicht gleichzeitig nachgehen können.
Während der Nutzung des - vom Betriebsrat angesprochenen - WhatsApp-Dienstes, der den Austausch von Textnachrichten, Bild-, Video- und Ton-Dateien zwischen zwei Personen oder in Gruppen anbietet, muss die vertraglich geschuldete Arbeit - für eine gewisse Zeitspanne - unterbrochen werden. Dies gilt nicht nur für Tätigkeiten der Operatoren am "Service DESK" betreffend Anfragen von Nutzern der Datenbank, sondern auch bei der Behandlung von Problemstellungen, bei denen die Operatoren Verkehrsmeldungen pflegen, prüfen und korrigieren sowie an die Teilnehmer am Luftverkehr elektronisch weiterleiten. Entsprechendes gilt ferner für die Arbeit, bei der die Operatoren flugsicherungsrelevante Daten in die elektronische Datenbank. Damit wird in allen Arbeitsbereichen die Art und Weise der Arbeitserbringung - das "wie" - der Arbeitsleistung gestaltet.
Das Verbot, die Gerätschaften während der Arbeit im Betriebsraum zu nutzen, stellt mithin eine Konkretisierung der Art und Weise der Arbeitserbringung dar, denn es wird unmittelbar die zu erbringende Arbeitsleistung berührt. Ebenso wie es dem Arbeitgeber erlaubt ist, die Tätigkeit zu bestimmen, bei denen kein Radio gehört werden darf, ist es ihm auch gestattet die Tätigkeit festzulegen, bei denen kein Mobilfunktelefon bzw. mobile IT-Geräte genutzt werden dürfen. Einen weitergehenden Inhalt hatte die Anordnung der Arbeitgeberin nicht. Sie war auf die konkrete Arbeit bezogen und es geht nur um die Nutzung der Gerätschaften am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit und damit die arbeitstechnische Gestaltung des Arbeitsablaufs.
Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank
Die Arbeitgeberin führt luftfahrtrelevante Informationen zusammen und stellt die Richtigkeit, Aktualität und Qualität der in der Datenbank enthaltenen Daten und damit den operativen Betrieb der Datenbank rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche sicher. Die von sog. Operatoren ausgeführten Tätigkeiten sind allesamt für die sichere Durchführung des Flugverkehrs relevant. Die Arbeiten werden im sog. Betriebsraum in der Regel von vier bis sechs Mitarbeitern verrichtet. Der sog. Supervisor beaufsichtigt die Arbeitsausführung und unterstützt die Operatoren bei Fragen.
Nachdem trotz wiederholter Apelle eine zunehmende Nutzung privater Mobilfunktelefone und mobiler IT-Geräte im Betriebsraum beobachtet worden war, gab die Arbeitgeberin ihre Entscheidung bekannt, dass ab November 2018 die Nutzung privater Mobilfunktelefone und mobiler IT-Geräte während der Arbeitszeit im Betriebsraum untersagt sei. Den Operatoren wurde gestattet, die Rufnummer der Supervisor an Dritte weiterzugeben, damit sie in Notfällen telefonisch während der Arbeitszeit erreicht werden können.
Gegen diese Anordnung wandte sich der Betriebsrat. Er war der Ansicht, dass die Maßnahme der Arbeitgeberin mitbestimmungspflichtig sei, da sie das Ordnungsverhalten betreffe. Die Nutzung eines privaten Mobilfunktelefons - etwa durch das Lesen einer WhatsApp - sei gerade keine Eingabe von Fluginformationen. Es sei ausschließlich privat veranlasst und habe mit der Leistungserbringung nichts zu tun.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen. Auch die Beschwerde gegen den Beschluss vor dem LAG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Der Betriebsrat hat zwar grundsätzlich neben dem allgemeinen Unterlassungsanspruch gegen zu erwartende weitere Verstöße auch einen Anspruch auf Beseitigung eines mitbestimmungswidrigen Zustands. Der Beseitigungsanspruch ist bei bereits eingetretener Beeinträchtigung das Gegenstück zum Unterlassungsanspruch. Die anspruchsbegründenden Voraussetzungen lagen hier aber nicht vor, da dem Betriebsrat das reklamierte Mitbestimmungsrecht nicht zusteht. Denn die Anordnung der Arbeitgeberin, die Nutzung privater Mobilfunktelefone und mobiler IT-Geräte während der Arbeitszeit im Betriebsraum zu unterlassen, betrifft nicht Fragen der Ordnung des Betriebs.
Zwar hat das BAG entschieden, dass die Frage, ob im Betrieb während der Arbeitszeit Radio gehört werden darf, mitbestimmungspflichtig ist. Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Vielmehr sind Fälle denkbar, in denen die Anordnung, während der Arbeit kein Radio zu hören, auch die Art und Weise betrifft, wie die Arbeit zu verrichten ist. Solche Fälle würden kein generelles Verbot rechtfertigen. Sie würden dem Arbeitgeber nur erlauben, die Tätigkeiten zu bestimmen, bei denen kein Radio gehört werden darf.
Infolgedessen handelte es sich im Streitfall nicht um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Das Unterlassen der Nutzung privater Mobilfunktelefone und mobiler IT-Geräte während der Arbeitszeit im Betriebsraum gehörte nämlich zum Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung. Es handelte sich nicht um ein arbeitsbegleitendes Verhalten, sondern um Tätigkeiten, denen die Arbeitnehmer neben der Erledigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeit nicht gleichzeitig nachgehen können.
Während der Nutzung des - vom Betriebsrat angesprochenen - WhatsApp-Dienstes, der den Austausch von Textnachrichten, Bild-, Video- und Ton-Dateien zwischen zwei Personen oder in Gruppen anbietet, muss die vertraglich geschuldete Arbeit - für eine gewisse Zeitspanne - unterbrochen werden. Dies gilt nicht nur für Tätigkeiten der Operatoren am "Service DESK" betreffend Anfragen von Nutzern der Datenbank, sondern auch bei der Behandlung von Problemstellungen, bei denen die Operatoren Verkehrsmeldungen pflegen, prüfen und korrigieren sowie an die Teilnehmer am Luftverkehr elektronisch weiterleiten. Entsprechendes gilt ferner für die Arbeit, bei der die Operatoren flugsicherungsrelevante Daten in die elektronische Datenbank. Damit wird in allen Arbeitsbereichen die Art und Weise der Arbeitserbringung - das "wie" - der Arbeitsleistung gestaltet.
Das Verbot, die Gerätschaften während der Arbeit im Betriebsraum zu nutzen, stellt mithin eine Konkretisierung der Art und Weise der Arbeitserbringung dar, denn es wird unmittelbar die zu erbringende Arbeitsleistung berührt. Ebenso wie es dem Arbeitgeber erlaubt ist, die Tätigkeit zu bestimmen, bei denen kein Radio gehört werden darf, ist es ihm auch gestattet die Tätigkeit festzulegen, bei denen kein Mobilfunktelefon bzw. mobile IT-Geräte genutzt werden dürfen. Einen weitergehenden Inhalt hatte die Anordnung der Arbeitgeberin nicht. Sie war auf die konkrete Arbeit bezogen und es geht nur um die Nutzung der Gerätschaften am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit und damit die arbeitstechnische Gestaltung des Arbeitsablaufs.