Monatlich anteilig ausgezahltes Weihnachts- und Urlaubsgeld ist auf den Mindestlohn anrechenbar
ArbG Herne 7.7.2015, 3 Ca 684/15Die Klägerin ist seit 2006 als Servicekraft in dem Restaurant der Beklagten beschäftigt. In dem zugrunde liegenden Arbeitsvertrag war ursprünglich geregelt, dass die Klägerin als freiwillige und jederzeit widerrufliche Leistung ein Weihnachtsgeld und zusätzliches Urlaubsgeld nach den innerbetrieblich üblichen Regelungen erhält. Die Weihnachtsgratifikation war hiernach zudem bei einem auf Veranlassung der Klägerin erfolgten oder von ihr verschuldeten Ausscheiden bis zum 31.3. des Folgejahres zurückzuzahlen.
Mit Wirkung zum 1.1.2011 einigten sich die Parteien auf eine dahingehende Änderung des Arbeitsvertrags, dass das Weihnachtsgeld und zusätzliche Urlaubsgeld fortan monatlich anteilig ausgezahlt werden sollte. Wörtlich hieß es in der Vereinbarung:
"Die bisherigen jährlichen Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, ggf. Urlaubsgeld) werden anteilig zu 1/12 monatlich gezahlt, so dass Sie ab 1.1.2011 eine entsprechend höhere, gleichmäßige monatliche Grundvergütung erhalten. Wir sind uns einig, dass ab 1.1.2011 etwaige Ansprüche auf jährliche Sonderzahlungen nicht mehr bestehen. (...) Etwaige Zusatzbedingungen für die jährlichen Sonderzahlungen entfallen."
Im Januar und Februar 2015 erhielt die Klägerin jeweils ein aus drei Komponenten - nämlich dem regulären Stundenlohn, dem anteiligen Weihnachtsgeld und dem anteiligen Urlaubsgeld - bestehendes Grundgehalt i.H.v. umgerechnet nahezu 8,50 Euro brutto pro Stunde. Mit Ihrer Klage machte sie geltend, dass die Weihnachts- und Urlaubsgeld-Zahlungen auf den Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn i.H.v. 8,50 Euro brutto pro Stunde nicht anrechenbar seien und ihr daher weitere Gehaltszahlungen zustünden.
Das Arbeitsgericht gab der Klage lediglich hinsichtlich des bei Zusammenrechnung der Leistungen um 0,01 Euro brutto/Monat unterschrittenen Mindestlohns statt.
Die Gründe:
Die Klage ist nur in geringem Umfang begründet. Die Beklagte durfte das monatlich anteilig ausgezahlte Weihnachtsgeld und zusätzliche Urlaubsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch der Klägerin anrechnen.
Nach der Gesetzesbegründung zum Mindestlohngesetz sind Leistungen wie Weihnachtsgeld oder zusätzliches Urlaubsgeld als Bestandteil des Mindestlohns zu werten, wenn diese Zahlungen monatlich und unwiderruflich ausgezahlt werden. Der Gesetzgeber verweist insoweit auf die Rechtsprechung des EuGH und des BAG zur Entsenderichtlinie sowie zum Arbeitnehmer-Entsendegesetz, die auf den gesetzlichen Mindestlohn zu übertragen und deshalb auch für die Auslegung des Mindestlohngesetzes maßgeblich seien.
Im Streitfall kann dahinstehen, ob die ursprünglich zwischen den Parteien vereinbarte Widerruflichkeit der Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen durch die Änderungsvereinbarung aufgehoben worden ist. Denn soweit derartige Leistungen zum Fälligkeitszeitraum monatlich gezahlt werden, werden sie bereits dadurch unwiderruflich, dass der Arbeitgeber nur mit diesen Zahlungen den Mindestlohnanspruch erfüllt. Damit bleibt die Zahlung mindestlohnrelevant und eine etwaige Rückzahlungsklausel kann sich deshalb auf den Gehaltsbestandteil nicht mehr beziehen.