06.09.2016

Neuregelung der Frauenförderung in NRW ist verfassungswidrig

Der am 1.7.2016 in Kraft getretene § 19 Abs. 6 Landesbeamtengesetz (LBG) NRW, wonach Frauen bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung grds. bevorzugt zu befördern sind, ist verfassungswidrig. Dem Land fehlt hierfür die Gesetzgebungskompetenz, weil der Bund von der ihm insoweit gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG zustehenden konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat.

VG Düsseldorf 5.9.2016, 2 L 2866/16
Der Sachverhalt:
Mit einem Eilantrag hatte sich ein Kriminaloberkommissar aus NRW gegen die bevorzugte Beförderung mehrerer Kriminaloberkommissarinnen gewandt.

Den Beförderungen lag der am 1.7.2016 in Kraft getretene § 19 Abs. 6 LBG NRW zugrunde, wonach Frauen bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern sind, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen.

Von einer im Wesentlichen gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ist nach der Neuregelung grds. auszugehen, wenn bereits die jeweils aktuelle dienstliche Beurteilung der Bewerberin und des Mitbewerbers ein gleichwertiges Gesamturteil aufweist. Einzelnoten in aktuellen Beurteilungen und Vorbeurteilungen sind regelmäßig nicht mehr in den Blick zu nehmen, obwohl sich auch aus ihnen ein Qualifikationsunterschied ergeben kann.

Das VG entsprach dem Eilantrag.

Die Gründe:
§ 19 Abs. 6 LBG NRW ist verfassungswidrig und die hierauf gestützten Beförderungen sind rechtswidrig, weil dem Land insoweit die Gesetzgebungskompetenz fehlt.

Die Regelung betrifft die Statusrechte und -pflichten von Beamten. Sie fällt daher gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Hiervon hat der Bund durch § 9 Beamtenstatusgesetz Gebrauch gemacht, wonach Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf das Geschlecht vorzunehmen sind. Diese Regelung ist hinsichtlich des Merkmals "Eignung" abschließend. Für einschränkende landesrechtliche Regelungen ist daher kein Raum mehr.

Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Neuregelung auch dem in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz widerspricht. Vieles spricht allerdings für das Vorliegen eines Verstoßes. Das Leistungsprinzip dient auch dem öffentlichen Interesse an der Besetzung eines öffentlichen Amtes gerade mit dem leistungsstärksten Bewerber und damit der Sicherung der Qualität des öffentlichen Dienstes. Zwar ist die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG grundrechtlich verankert. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz ist aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken.

VG Düsseldorf PM vom 5.9.2016
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