Nutzung einer Firmen-Gutschrift für den Betriebssport rechtfertigt fristlose Kündigung
ArbG Hamburg 22.5.2013, 26 BV 31/12Im vorliegenden Verfahren begehrte die Arbeitgeberin, die ein Container-Terminal im Hamburger Hafen betreibt, die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden. Dieser ist bereits seit 1988 in dem Unternehmen beschäftigt. Er ist "Spartenleiter" der "Betriebssportgruppe Fußball" bei der Arbeitgeberin und als solcher zuständig für die Beschaffung von Sportartikeln und Sportkleidung für die "Sparte Fußball".
In dieser Funktion bestellte der Arbeitnehmer für die Betriebssportgruppe bei einer Lieferantin von Arbeitskleidung, Sicherheitskleidung und Sportkleidung, deren Großkunde die Arbeitgeberin ist, 52 Trainingsanzüge. Die Arbeitgeberin warf ihm vor, die Trainingsanzüge mittels einer Gutschrift finanziert zu haben, die die Lieferantin ihr - der Arbeitgeberin - eingeräumt habe. Sie wollte das Arbeitsverhältnis wegen dieses Vorfalls fristlos kündigen; der Betriebsrat verweigerte jedoch seine Zustimmung zur Kündigung.
Der daraufhin gestellte Zustimmungsersetzungsantrag hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Gegen diese Entscheidung ist allerdings noch die Beschwerde zum LAG möglich.
Die Gründe:
Es besteht der dringende Verdacht, dass der Betriebsratsvorsitzende eine Gutschrift für private Zwecke genutzt hat, die ein Lieferant im Rahmen eines Geschäfts mit seiner Arbeitgeberin gewährt hatte. Dieser Verdacht rechtfertigt die außerordentliche Kündigung. Daher war die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers zu ersetzen.
Nach § 15 Abs. 1 KSchG kann einem Betriebsratsmitglied nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden. Zudem muss gem. § 103 BetrVG der Betriebsrat der Kündigung zustimmen. Verweigert er die Zustimmung, kann diese gem. § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG i.V.m. § 15 Abs. 1 KSchG durch das Arbeitsgericht ersetzt werden, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gem. § 626 BGB gerechtfertigt ist.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Betriebsratsvorsitzende eine zugunsten der Arbeitgeberin vereinbarte Gutschrift aufgelöst hat, um Bekleidung zu einem Warenwert von mehreren hundert Euro für den privaten Bedarf einzukaufen. Die hohe Wahrscheinlichkeit dieses Geschehensablaufs rechtfertigt eine außerordentliche Verdachtskündigung.
Zum Nachteil des Arbeitgebers begangene Eigentums- oder Vermögensdelikte, aber auch nicht strafbare, ähnlich schwerwiegende Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeitgebers kommen typischerweise als Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht. Das gilt unabhängig von der Höhe des dem Arbeitgeber durch die Pflichtverletzung entstandenen Schadens. Maßgebend ist vielmehr der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.