18.01.2016

Selbstverleih über eigene Arbeitnehmerüberlassung ist unwirksam

Ein freier Mitarbeiter (hier: ein Kameramann), der ein Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen gründet, um vorgegebene Einsatzhöchstzahlen für freie Mitarbeiter zu umgehen, kann sich nicht selbst wirksam verleihen. Für den Geschäftsführer einer Verleihfirma gilt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) nicht. Der freie Mitarbeiter kann sich aber u.U. auf die Unwirksamkeit der eigenen "Ausleihe" berufen und eine Beschäftigung und Bezahlung als fest angestellter Arbeitnehmer verlangen.

LAG Schleswig-Holstein 1.12.2015, 1 Sa 439 b/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit den 90er Jahren als freiberuflicher Kameramann tätig - und zwar u.a. für die beklagte Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts. Dort werden freie Mitarbeiter nach einer internen Vorgabe nur an maximal 60 Tagen im Jahr eingesetzt. Der Produktionsleiter teilte dem Kläger mit, dass eine umfangreichere Beschäftigung möglich sei, wenn der Kläger über ein Verleihunternehmen mit einer Erlaubnis nach § 1 AÜG ausgeliehen werden könne.

Daraufhin gründete der Kläger selbst eine Arbeitnehmerüberlassungsfirma in der Rechtsform einer GmbH und wurde deren Geschäftsführer. In dieser Eigenschaft verlieh er in den Folgejahren sich selbst und zwei bis drei weitere Mitarbeiter an die Rundfunkanstalt. Er war dabei ganz überwiegend mit Dreharbeiten für zwei tägliche regionale Nachrichtensendungen des Senders betraut.

Anfang 2014 berief sich der Kläger auf die Unwirksamkeit der Arbeitnehmerüberlassung. Tatsächlich bestehe ein Vollzeitarbeitsverhältnis zur Beklagten. Mit seiner Klage verlangte er eine entsprechende Beschäftigung und Bezahlung. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab; das LAG gab ihr statt, ließ allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BAG zu.

Die Gründe:
Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger hat deshalb gegen die Beklagte einen Anspruch auf Beschäftigung als Kameramann und entsprechende Bezahlung.

Dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, ergibt sich aus dem Umfang der Einsätze, der Art der geschuldeten Arbeit, die wenig Raum für eigene - programmgestaltende - Tätigkeit lässt, und des Einsatzes im Rahmen einer Daueraufgabe.

Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses steht auch nicht entgegen, dass der Kläger offiziell über eine Drittfirma "verliehen" wurde, da das AÜG für den Geschäftsführer einer Verleihfirma nicht gilt. Die vorliegende Vertragsgestaltung war auf eine Umgehung der zwingenden Arbeitnehmerschutzvorschriften ausgelegt.

Der Kläger kann sich im Verfahren auch auf die Unwirksamkeit seiner eigenen "Ausleihe" berufen. Mit der Konstruktion über die Verleihfirma wollte er lediglich durch vermehrte Einsätze bei der Beklagten seinen Lebensunterhalt bestreiten. Den maßgeblichen Mitarbeitern der Beklagten war sein Geschäftsführerstatus zudem bekannt.

LAG Schleswig-Holstein PM Nr. 1/2016 vom 12.1.2016
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