Sind Betriebsratsbeschlüsse auch bei fehlender Mitteilung der Tagesordnung wirksam?
BAG 9.7.2013, 1 ABR 2/13Der Vorgängerbetriebsrat hatte mit der Arbeitgeberin einer Betriebsvereinbarung (BV) über Torkontrollen abgeschlossen. Der neu gewählte Betriebsrat hielt die BV sowohl materiell- als auch verfahrensrechtlich für unwirksam. Zur Begründung machte er insbesondere geltend, dass in der Ladung zu der fraglichen Betriebsratssitzung die Tagesordnung nicht mitgeteilt worden sei. Bei Fassung des - einstimmigen - Beschlusses seien auch nicht alle Betriebsratsmitglieder anwesend gewesen.
Das LAG stellte auf Antrag des neuen Betriebsrats fest, dass die BV keine Rechtswirkung entfaltet. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin fragte der Erste Senat beim Siebten Senat des BAG an, ob dieser an seiner bisherigen Rechtsauffassung zur Unwirksamkeit von Betriebsratsbeschlüssen bei einem Verstoß gegen § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG festhält.
Die Gründe:
Es kann noch nicht abschließend entschieden werden, ob die BV wirksam ist. Es liegt zwar ein Verstoß gegen § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG vor, da in der Ladung zu der Betriebsratssitzung die Tagesordnung nicht mitgeteilt worden ist. Dies führt nach der bisherigen Rechtsprechung des Ersten und Siebten Senats zur Unwirksamkeit des in der Sitzung gefassten Beschlusses, da hierbei nicht sämtliche Betriebsratsmitglieder anwesend waren.
Der Erste Senat möchte dieses Rechtsprechung allerdings aufgeben. Seiner Auffassung nach führt die Ladung zu einer Betriebsratssitzung ohne Mitteilung der Tagesordnung nicht zur Unwirksamkeit eines in dieser Betriebsratssitzung gefassten Beschlusses, wenn
- sämtliche Mitglieder des Betriebsrats rechtzeitig geladen sind,
- der Betriebsrat beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und
- die anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig beschlossen haben, über den Regelungsgegenstand des später gefassten Beschlusses zu beraten und abzustimmen.
Nicht erforderlich ist danach, dass in dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder anwesend sind.
Da der Erste Senat damit von der bisherigen Rechtsprechung des Siebten Senats abweichen möchte, hat er nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG bei diesem angefragt, ob er an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhält.
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