Streit um Beschäftigung an einem bestimmten Arbeitsort
ArbG Erfurt v. 8.6.2022 - 4 Ca 1602/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Mitarbeiterin des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält zum Arbeitsort keine ausdrückliche Festlegung. In § 2 wird allerdings auf den Tarifvertrag der Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung verwiesen. Neben dem Arbeitsvertrag erhielt die Klägerin eine "Niederschrift nach dem Nachweisgesetz" mit folgendem Inhalt:
"1. Die Beschäftigung erfolgt in X (Arbeitsort).
Die tariflichen Vorschriften über die Versetzung, Abordnung und Zuweisung bleiben unberührt.
Die Arbeitnehmerin wird außerdem darauf hingewiesen, dass sich aus dem Arbeitsverhältnis für sie die Verpflichtung ergibt, ihre Tätigkeit am neuen Sitz der Beschäftigungsdienststelle fortzuführen, soweit Teile der Beschäftigungsdienststelle an einen anderen Ort verlegt werden."
Am 31.1.2021 beantragte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Umsetzung vom Standort in X an den Standort der Beklagten in Y. Mit Schreiben vom 2.6.2021 entsprach die Beklagte dem Antrag der Klägerin und kündigte an, sie mit Wirkung vom 1.9.2021 als Mitarbeiterin SMD am Standort einzusetzen. Dem Schreiben war eine "Niederschrift nach dem Nachweisgesetz" vom 2.6.2021 beigefügt mit folgenden Inhalt:
"1. Die Beschäftigung erfolgt ab 1.9.2021 in (Arbeitsort).
Die tariflichen Vorschriften über die Versetzung, Abordnung und Zuweisung bleiben unberührt.
Die Arbeitnehmerin wird außerdem darauf hingewiesen, dass sich aus dem Arbeitsverhältnis für sie die Verpflichtung ergibt, ihre Tätigkeit am neuen Sitz der Beschäftigungsdienststelle fortzuführen, soweit Teile der Beschäftigungsdienststelle an einen anderen Ort verlegt werden."
Mit Schreiben der Beklagten vom 20.7.2021 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Diensteinsatzschreiben vom 2.6.2021 gegenstandslos sei und begründete dies mit der Umsetzung des Standortkonzepts der Beklagten. Das Arbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Ein Anspruch der Klägerin auf ausschließliche Beschäftigung am Standort lässt sich dem Arbeitsvertrag nicht entnehmen.
Der Arbeitsvertrag enthält zum Arbeitsort keine ausdrückliche Festlegung. Dies erfolgt bei der Beklagten vielmehr regelmäßig durch Übermittlung einer Niederschrift nach dem Nachweisgesetz, die den Arbeitsort bezeichnet und gleichzeitig den Versetzungsvorbehalt nach tariflichen Vorschriften unberührt lässt. Aus dieser Kombination von Benennung des Arbeitsortes unter gleichzeitigem Hinweis auf einen Versetzungsvorbehalt wird deutlich, dass die Benennung des Arbeitsortes keine unabänderliche vertragliche Festlegung bedeutet, sondern im Rahmen des Direktionsrechts geschieht.
Die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte entspricht billigem Ermessen. Ihr Standortkonzept sieht eine Konzentration vieler Aufgaben an den Hauptstandorten vor. Hierunter fällt auch der Aufgabenbereich der Klägerin. Wenn die Beklagte dabei den an den Außenstandorten beschäftigten Mitarbeitern einen gewissen Bestandsschutz gewährt, deutet dies nicht auf eine fehlende Umsetzung, sondern allenfalls auf eine schonende Umsetzung des Standortkonzepts hin.
Die Bewilligung vom 2.6.2021 widerspricht dem Standortkonzept und wurde von der Beklagte noch vor der tatsächlichen Umsetzung als Bearbeitungsfehler erkannt und korrigiert. Mit dem Widerruf vom 20.7.2021 wollte die Beklagte vermeiden, mit der Umsetzung der Klägerin nach Weimar einen Präzedenzfall zu schaffen, der einer Umsetzung des Standortkonzepts entgegensteht. Das konsequente Festhalten am Standortkonzept stellt nach Auffassung der Kammer einen Sachgrund dar, der ein willkürliches Vorgehen der Beklagten ausschließt.
Im Rahmen der Interessenabwägung ist anzumerken, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Widerrufs vom 20.07.2021 noch keinerlei Bestandsschutz besaß, da die Umsetzungsentscheidung noch nicht in Kraft getreten war. Sicherlich mag es für die Klägerin aufgrund ihres Wohnsitzes wünschenswert gewesen sein, zukünftig einen kürzeren Arbeitsweg zurücklegen zu müssen; demgegenüber ist jedoch die unternehmerische Entscheidung zu berücksichtigen, die Aufgaben der Klägerin am Standort zu konzentrieren und nicht neue Arbeitsplätze an Außenstellen einrichten zu müssen. Ein Berufen auf den Gleichbehandlungsgrundsatz mit den noch am Außenstandort beschäftigten Mitarbeiterinnen scheiterte daran, dass deren Arbeitsplatz schon immer gelegen ist und das Bestandsschutzargument der Beklagten einen Sachgrund für die Ungleichbehandlung darstellt.
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Die Klägerin ist bei der Beklagten als Mitarbeiterin des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält zum Arbeitsort keine ausdrückliche Festlegung. In § 2 wird allerdings auf den Tarifvertrag der Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung verwiesen. Neben dem Arbeitsvertrag erhielt die Klägerin eine "Niederschrift nach dem Nachweisgesetz" mit folgendem Inhalt:
"1. Die Beschäftigung erfolgt in X (Arbeitsort).
Die tariflichen Vorschriften über die Versetzung, Abordnung und Zuweisung bleiben unberührt.
Die Arbeitnehmerin wird außerdem darauf hingewiesen, dass sich aus dem Arbeitsverhältnis für sie die Verpflichtung ergibt, ihre Tätigkeit am neuen Sitz der Beschäftigungsdienststelle fortzuführen, soweit Teile der Beschäftigungsdienststelle an einen anderen Ort verlegt werden."
Am 31.1.2021 beantragte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Umsetzung vom Standort in X an den Standort der Beklagten in Y. Mit Schreiben vom 2.6.2021 entsprach die Beklagte dem Antrag der Klägerin und kündigte an, sie mit Wirkung vom 1.9.2021 als Mitarbeiterin SMD am Standort einzusetzen. Dem Schreiben war eine "Niederschrift nach dem Nachweisgesetz" vom 2.6.2021 beigefügt mit folgenden Inhalt:
"1. Die Beschäftigung erfolgt ab 1.9.2021 in (Arbeitsort).
Die tariflichen Vorschriften über die Versetzung, Abordnung und Zuweisung bleiben unberührt.
Die Arbeitnehmerin wird außerdem darauf hingewiesen, dass sich aus dem Arbeitsverhältnis für sie die Verpflichtung ergibt, ihre Tätigkeit am neuen Sitz der Beschäftigungsdienststelle fortzuführen, soweit Teile der Beschäftigungsdienststelle an einen anderen Ort verlegt werden."
Mit Schreiben der Beklagten vom 20.7.2021 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Diensteinsatzschreiben vom 2.6.2021 gegenstandslos sei und begründete dies mit der Umsetzung des Standortkonzepts der Beklagten. Das Arbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Ein Anspruch der Klägerin auf ausschließliche Beschäftigung am Standort lässt sich dem Arbeitsvertrag nicht entnehmen.
Der Arbeitsvertrag enthält zum Arbeitsort keine ausdrückliche Festlegung. Dies erfolgt bei der Beklagten vielmehr regelmäßig durch Übermittlung einer Niederschrift nach dem Nachweisgesetz, die den Arbeitsort bezeichnet und gleichzeitig den Versetzungsvorbehalt nach tariflichen Vorschriften unberührt lässt. Aus dieser Kombination von Benennung des Arbeitsortes unter gleichzeitigem Hinweis auf einen Versetzungsvorbehalt wird deutlich, dass die Benennung des Arbeitsortes keine unabänderliche vertragliche Festlegung bedeutet, sondern im Rahmen des Direktionsrechts geschieht.
Die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte entspricht billigem Ermessen. Ihr Standortkonzept sieht eine Konzentration vieler Aufgaben an den Hauptstandorten vor. Hierunter fällt auch der Aufgabenbereich der Klägerin. Wenn die Beklagte dabei den an den Außenstandorten beschäftigten Mitarbeitern einen gewissen Bestandsschutz gewährt, deutet dies nicht auf eine fehlende Umsetzung, sondern allenfalls auf eine schonende Umsetzung des Standortkonzepts hin.
Die Bewilligung vom 2.6.2021 widerspricht dem Standortkonzept und wurde von der Beklagte noch vor der tatsächlichen Umsetzung als Bearbeitungsfehler erkannt und korrigiert. Mit dem Widerruf vom 20.7.2021 wollte die Beklagte vermeiden, mit der Umsetzung der Klägerin nach Weimar einen Präzedenzfall zu schaffen, der einer Umsetzung des Standortkonzepts entgegensteht. Das konsequente Festhalten am Standortkonzept stellt nach Auffassung der Kammer einen Sachgrund dar, der ein willkürliches Vorgehen der Beklagten ausschließt.
Im Rahmen der Interessenabwägung ist anzumerken, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Widerrufs vom 20.07.2021 noch keinerlei Bestandsschutz besaß, da die Umsetzungsentscheidung noch nicht in Kraft getreten war. Sicherlich mag es für die Klägerin aufgrund ihres Wohnsitzes wünschenswert gewesen sein, zukünftig einen kürzeren Arbeitsweg zurücklegen zu müssen; demgegenüber ist jedoch die unternehmerische Entscheidung zu berücksichtigen, die Aufgaben der Klägerin am Standort zu konzentrieren und nicht neue Arbeitsplätze an Außenstellen einrichten zu müssen. Ein Berufen auf den Gleichbehandlungsgrundsatz mit den noch am Außenstandort beschäftigten Mitarbeiterinnen scheiterte daran, dass deren Arbeitsplatz schon immer gelegen ist und das Bestandsschutzargument der Beklagten einen Sachgrund für die Ungleichbehandlung darstellt.
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