10.11.2023

Streit um Wertfestsetzung bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot

Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, ist der Gegenstandswert bzw. Streitwert nach dem wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei festzusetzen. Mangels anderer Anhaltspunkte bemisst sich dieses bei einem Arbeitnehmer nach der vom Arbeitgeber während der Laufzeit des Wettbewerbsverbots zu zahlenden Entschädigung bzw., wenn eine solche nicht vereinbart ist, in Höhe der gesetzlichen.

LAG München v. 23.10.2023, 3 Ta 178/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte sich gegen eine Kündigung gewandt und mit Klageerweiterung die Verpflichtung der Beklagten verlangt, noch anteiliges Urlaubsgeld sowie Weihnachtsgeld abzurechnen. Zudem verlangte er noch eine Zeugnisberichtigung sowie Zeugniserteilung in englischer Sprache, Erteilung einer Arbeitsbescheinigung sowie die Feststellung, dass das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot für den Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverbindlich sei.

Vor dem Arbeitsgericht kam es zu einem Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO. Der Klägervertreter hat daraufhin beantragt, den Gegenstandswert für das Verfahren und für den Vergleich auf je 76.719 € festzusetzen. Dem kam das Arbeitsgericht nicht nach. Es hat den Gegenstandswert für das Verfahren und für den Vergleich letztlich auf je 56.661 € festgesetzt hat. So seien u.a. für den Kündigungsschutzantrag drei Bruttomonatsvergütungen mit insgesamt 26.878 €, für die Zeugnisberichtigung eine Bruttomonatsvergütung von 8.959 €, für die Zeugniserstellung in englischer Sprache 1/3 einer Bruttomonatsvergütung, 250 € für die Arbeitsbescheinigung und 13.439 € für die beanspruchte Feststellung der Unverbindlichkeit des vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbots zu berücksichtigen.

Der Klägervertreter hielt dagegen, dass auch für die englischsprachige Übersetzung eine ganze Bruttomonatsvergütung, für die Arbeitsbescheinigung 10% der Bruttomonatsvergütung und für die Feststellung der Unverbindlichkeit des vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbots sechs Monatsgehälter zu je 4.479 € anzusetzen seien. Das LAG hat den Beschluss des Arbeitsgerichtes teilweise abgeändert und den Gegenstandswert für das Verfahren und für den Vergleich auf je 66.433 € festgesetzt.

Die Gründe:
Die Kammer gibt die von ihr bisher vertretene Auffassung ausdrücklich auf, dass die Entscheidung des Erstgerichts vom Beschwerdegericht nur auf Ermessensfehler zu überprüfen ist und das Beschwerdegericht keine eigene hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. LAG München, Beschl. v. 6.6.2023 - 3 Ta 59/23). Sie folgt im Interesse der bundesweiten Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur Wertfestsetzung und damit verbunden im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit bei bestimmten typischen Fallkonstellationen den Vorschlägen der auf Ebene der LAG eingerichteten Streitwertkommission, die im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte niedergelegt sind, derzeit in der Fassung vom 9.2.2018. Dabei wird nicht verkannt, dass der Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte nicht bindend ist.

Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, ist der Gegenstandswert bzw. Streitwert nach dem wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei festzusetzen. Mangels anderer Anhaltspunkte bemisst sich dieses bei einem Arbeitnehmer nach der vom Arbeitgeber während der Laufzeit des Wettbewerbsverbots zu zahlenden Entschädigung bzw., wenn eine solche nicht vereinbart ist, in Höhe der gesetzlichen. Somit war der Gegenstandswert folgendermaßen zu bemessen:

Nach Ziff. VI. des Arbeitsvertrags betrug die Laufzeit des Wettbewerbsverbots lediglich sechs Monate, von denen zum Zeitpunkt der Erhebung der Klageerweiterung auf den für die Bewertung von Anträgen abzustellen war, bereits 0,5 Monate abgelaufen waren. Die Höhe der Karenzentschädigung, die im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich festgelegt war, ergab sich mittelbar durch die Verweisung auf §§ 74 ff. HGB, die ergänzend gelten sollten. Gem. § 74 Abs. 2 HGB beträgt die gesetzlich vorgeschriebene Mindestentschädigung die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen des Arbeitnehmers, d.h. im Fall des Klägers 4.479,75 € monatlich.

Umstände, die die Aussichten für die Durchsetzung der Karenzentschädigung wirtschaftlich in Frage stellen könnten, lagen nicht vor, so dass der Gegenstandswert mit 5,5 Monaten à 4.479 € bzw. mit insgesamt 24.638 € zu bemessen war. Unter Berücksichtigung der einzelnen Werte ergaben sich der für das Verfahren und für den Vergleich angegebene Gesamtwert von 66.433 €.

Mehr zum Thema:

Das Aktionsmodul Arbeitsrecht:
Für klare Verhältnisse sorgen: Mit den Inhalten der erstklassigen Standardwerken zum Arbeitsrecht. Topaktuell mit Fachinformationen rund um die Corona-Krise. Zahlreiche bewährte Formulare auch mit LAWLIFT bearbeiten! Neuauflage HWK Arbeitsrecht Kommentar mit Rechtsstand 1.4.2022. Hier online nutzen. 4 Wochen gratis nutzen!
Verlag Dr. Otto Schmidt
Zurück