Streitwert im Streit um die Eingruppierung von Minijobbern
LAG Nürnberg v. 27.6.2022, 2 Ta 31/22
Der Sachverhalt:
Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens war ein Einleitungserzwingungsverfahren zur Eingruppierung von 38 geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern. Die Beteiligte zu 2) war der Ansicht, dass diese nicht in den Anwendungsbereich des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer in der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern fielen, weshalb sie bezüglich dieser Arbeitnehmer keine Eingruppierungsentscheidung getroffen hat. Der Beteiligte zu 1) war hingegen der Ansicht, dass auch geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer einzugruppieren seien, da der Ausschluss von Arbeitnehmern, die keine rentenversicherungspflichtigen Arbeiten verrichteten, aus dem Anwendungsbereich des Tarifvertrags gegen § 4 TzBfG und § 1 AGG verstoße und daher nach § 134 BGB nichtig sei.
Das Arbeitsgericht hat der Beteiligten zu 2) hinsichtlich 32 Arbeitnehmern aufgegeben, ein Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten. Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit wurde auf 10.000 € festgesetzt. Die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) begehrten eine erhöhte Festsetzung des Wertes der anwaltlichen Tätigkeit auf insgesamt 60.000 €. Bei dem vorliegenden Verfahren sei sowohl die Frage, ob "Minijobber" in den Tarifvertrag einzugruppieren sind als auch die Frage, ob ein Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen sei, streitig. Infolgedessen sei der Ausgangsstreitwert nicht auf 5.000 €, sondern auf 7.500 € festzusetzen. Entsprechend Ziff. 14.7 des Streitwertkatalogs sei der Gegenstandswert auf 60.000 € festzusetzen.
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde nicht ab. Das LAG bestätigte diese Entscheidung.
Die Gründe:
Der Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit vom 9.2.2018 enthält keine Empfehlung für die Bewertung des Einleitungserzwingungsverfahrens nach § 101 BetrVG analog. Wegen des Vorschaltcharakters dieses Verfahrens ist ein erheblicher Abschlag vom Hilfswert des § 23 Abs. 3 RVG angebracht, dessen Höhe nach der Bedeutung des Falls variieren kann.
So halten das LAG Hamm (Beschl. v. 22.8.2007 - 10 TaBV 133/05) und das LAG Düsseldorf (Beschl. v. 28.2.2011 - 2 Ta 81/11) regelmäßig einen Abschlag von 80% eines Verfahrens gem. § 99 Abs. 4 BetrVG für angemessen. Im vorliegenden Fall war ein Abschlag von 50% vom Ausgangswert durchaus angemessen, da die Beteiligte zu 2) sich grundsätzlich geweigert hatte, geringfügig Beschäftigte überhaupt einzugruppieren und hierin eine über das Normalmaß hinausgehende Bedeutung des Streits angenommen werden konnte.
Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer ist der Ausgangswert beim Zustimmungsersetzungsverfahren über die Einstellung geringfügig Beschäftigter grundsätzlich zu halbieren (LAG Nürnberg 18.1.2021 - 2 Ta 154/20). Dies hält das Beschwerdegericht auch im Rahmen des Einleitungserzwingungsverfahrens nach § 101 BetrVG analog für angemessen. Auch hier ist einerseits die grundsätzliche Wertung des Betriebsverfassungsgesetzes zu beachten, das für die Größe des Betriebsrats sowie für verschiedene Schwellenwerte (etwa in §§ 99, 111 BetrVG) stets auf die Kopfzahl der Arbeitnehmer abstellt. Andererseits ist die wirtschaftliche Bedeutung der Beschäftigung eines Minijobbers regelmäßig deutlich geringer als eine reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
Liegt ein Massenverfahren vor, wird die erste Eingruppierung mit dem zuvor ermittelten vollen Wert bewertet die 2. bis 20. Eingruppierung mit 25%, die 21. bis 50. Eingruppierung mit 12,5%, alle weiteren Eingruppierungen mit 10% dieses Wertes (vgl. II.14.7 Streitwertkatalog). In Anwendung dieser Grundsätze ergab sich der vom Arbeitsgericht mit teilweise anderer Begründung festgesetzte Wert von 10.000 €.
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Bayern.Recht
Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens war ein Einleitungserzwingungsverfahren zur Eingruppierung von 38 geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern. Die Beteiligte zu 2) war der Ansicht, dass diese nicht in den Anwendungsbereich des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer in der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern fielen, weshalb sie bezüglich dieser Arbeitnehmer keine Eingruppierungsentscheidung getroffen hat. Der Beteiligte zu 1) war hingegen der Ansicht, dass auch geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer einzugruppieren seien, da der Ausschluss von Arbeitnehmern, die keine rentenversicherungspflichtigen Arbeiten verrichteten, aus dem Anwendungsbereich des Tarifvertrags gegen § 4 TzBfG und § 1 AGG verstoße und daher nach § 134 BGB nichtig sei.
Das Arbeitsgericht hat der Beteiligten zu 2) hinsichtlich 32 Arbeitnehmern aufgegeben, ein Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten. Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit wurde auf 10.000 € festgesetzt. Die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) begehrten eine erhöhte Festsetzung des Wertes der anwaltlichen Tätigkeit auf insgesamt 60.000 €. Bei dem vorliegenden Verfahren sei sowohl die Frage, ob "Minijobber" in den Tarifvertrag einzugruppieren sind als auch die Frage, ob ein Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen sei, streitig. Infolgedessen sei der Ausgangsstreitwert nicht auf 5.000 €, sondern auf 7.500 € festzusetzen. Entsprechend Ziff. 14.7 des Streitwertkatalogs sei der Gegenstandswert auf 60.000 € festzusetzen.
Das Arbeitsgericht half der Beschwerde nicht ab. Das LAG bestätigte diese Entscheidung.
Die Gründe:
Der Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit vom 9.2.2018 enthält keine Empfehlung für die Bewertung des Einleitungserzwingungsverfahrens nach § 101 BetrVG analog. Wegen des Vorschaltcharakters dieses Verfahrens ist ein erheblicher Abschlag vom Hilfswert des § 23 Abs. 3 RVG angebracht, dessen Höhe nach der Bedeutung des Falls variieren kann.
So halten das LAG Hamm (Beschl. v. 22.8.2007 - 10 TaBV 133/05) und das LAG Düsseldorf (Beschl. v. 28.2.2011 - 2 Ta 81/11) regelmäßig einen Abschlag von 80% eines Verfahrens gem. § 99 Abs. 4 BetrVG für angemessen. Im vorliegenden Fall war ein Abschlag von 50% vom Ausgangswert durchaus angemessen, da die Beteiligte zu 2) sich grundsätzlich geweigert hatte, geringfügig Beschäftigte überhaupt einzugruppieren und hierin eine über das Normalmaß hinausgehende Bedeutung des Streits angenommen werden konnte.
Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer ist der Ausgangswert beim Zustimmungsersetzungsverfahren über die Einstellung geringfügig Beschäftigter grundsätzlich zu halbieren (LAG Nürnberg 18.1.2021 - 2 Ta 154/20). Dies hält das Beschwerdegericht auch im Rahmen des Einleitungserzwingungsverfahrens nach § 101 BetrVG analog für angemessen. Auch hier ist einerseits die grundsätzliche Wertung des Betriebsverfassungsgesetzes zu beachten, das für die Größe des Betriebsrats sowie für verschiedene Schwellenwerte (etwa in §§ 99, 111 BetrVG) stets auf die Kopfzahl der Arbeitnehmer abstellt. Andererseits ist die wirtschaftliche Bedeutung der Beschäftigung eines Minijobbers regelmäßig deutlich geringer als eine reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
Liegt ein Massenverfahren vor, wird die erste Eingruppierung mit dem zuvor ermittelten vollen Wert bewertet die 2. bis 20. Eingruppierung mit 25%, die 21. bis 50. Eingruppierung mit 12,5%, alle weiteren Eingruppierungen mit 10% dieses Wertes (vgl. II.14.7 Streitwertkatalog). In Anwendung dieser Grundsätze ergab sich der vom Arbeitsgericht mit teilweise anderer Begründung festgesetzte Wert von 10.000 €.
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