13.10.2021

Studentische Hilfskraft: Befristung unwirksam, wenn keine wissenschaftliche Hilfstätigkeit vorliegt

Nach § 6 WissZeitVG ist die Befristung von Arbeitsverträgen zwischen Studierenden und einer Hochschule zulässig, wenn nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen wissenschaftliche oder künstlerische Hilfstätigkeiten zu erbringen sind. Eine wissenschaftliche Hilfstätigkeit iSv. § 6 Satz 1 WissZeitVG liegt vor, wenn durch die Tätigkeit die wissenschaftliche Arbeit anderer in Forschung und Lehre unmittelbar unterstützt wird.

BAG v. 30.6.2021 - 7 AZR 245/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30.4.2018 geendet hat.

Die Klägerin absolvierte an der beklagten Universität B ein Hochschulstudium im Fachbereich Informatik. Während dieses Studiums war sie in der Zeit vom 1.5.2012 bis zum 30.4.2018 bei der Beklagten aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge als studentische Hilfskraft bei einer Arbeitszeit von 60 Monatsstunden beschäftigt.

Die Klägerin war im Center für Digitale Systeme (CeDiS) tätig, einer zentralen Einrichtung der Beklagten. Das CeDiS unterstützt als Bereich der Universitätsbibliothek alle Einrichtungen der Beklagten beim Einsatz digitaler Medien und Technologien in Lehre und Forschung. Die Aufgaben der Klägerin bestanden vor allem in der technischen Beratung und Betreuung der wissenschaftlichen Einrichtungen der Beklagten bei der Schaffung und dem Betrieb von virtuellen Lernplattformen sowie beim Einsatz und der Nutzung digitaler Medien und Technologien in Forschung und Lehre.

Die Klägerin machte die Unwirksamkeit der Befristung zum 30.4.2018 geltend. Das ArbG gab der Klage statt. Das LAG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Das BAG hat nun auch die Revision zurückgewiesen.

Die Gründe:
Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung im Arbeitsvertrag mit Ablauf des 30.4.2018 geendet. Die Befristung ist unwirksam.

Die vereinbarte Befristung ist nicht nach § 6 WissZeitVG gerechtfertigt.

Nach § 6 Satz 1 WissZeitVG sind befristete Arbeitsverträge zur Erbringung wissenschaftlicher oder künstlerischer Hilfstätigkeiten mit Studierenden, die an einer deutschen Hochschule für ein Studium, das zu einem ersten oder einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt, eingeschrieben sind, bis zur Dauer von insgesamt sechs Jahren zulässig; innerhalb der zulässigen Befristungsdauer sind auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrags möglich (§ 6 Satz 2 WissZeitVG).

Die Klägerin hatte jedoch keine wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten iSv. § 6 WissZeitVG zu erbringen. Denn eine auf § 6 WissZeitVG gestützte Befristung des Arbeitsverhältnisses setzt voraus, dass der studierende Arbeitnehmer wissenschaftliche oder künstlerische Hilfstätigkeiten erbringt. Eine wissenschaftliche Hilfstätigkeit iSv. § 6 Satz 1 WissZeitVG erfordert, dass die wissenschaftliche Arbeit anderer in Forschung und Lehre unmittelbar unterstützt wird.

Nach den Feststellungen des LAG bestanden die Aufgaben der Klägerin vor allem in der technischen Beratung und Betreuung der wissenschaftlichen Einrichtungen der Beklagten bei der Schaffung und dem Betrieb von virtuellen Lernplattformen sowie beim Einsatz und der Nutzung digitaler Medien und Technologien in Forschung und Lehre. Die Aufgaben der Klägerin hatten keinen inhaltlichen Bezug zur wissenschaftlichen Tätigkeit der einzelnen Fachbereiche; im Wesentlichen ging es darum, den Anwendern der Plattformen bei Anwendungsproblemen zu helfen.

Zu den Arbeitsaufgaben der Klägerin gehörten die Beratung und Betreuung der Benutzer von Plattformen bzw. Systemen, die Benutzeradministration, die redaktionelle Pflege von Webpräsenzen, die Erstellung von Hilfsmaterialien und Dokumentationen, die Qualitätssicherung bei Softwareupdates/-migration, Hard- und Softwareinstallation, -konfiguration und -administration der CeDiS-Endgeräte, die Einarbeitung und Schulung von Mitarbeitern sowie weitere arbeitsorganisatorische Aufgaben.

Diese Feststellungen rechtfertigen die Annahme, dass die Klägerin keine Tätigkeiten zu erbringen hatte, mit denen sie die wissenschaftliche Arbeit anderer in Forschung und Lehre unmittelbar - etwa durch Entlastung von Routinearbeiten - unterstützte. Die Klägerin war nicht unmittelbar für eine wissenschaftliche Einrichtung der Beklagten tätig, sondern dem CeDiS zugeordnet, das als zentrale Einrichtung andere Einrichtungen der Beklagten beim Einsatz digitaler Medien und Technologien in Lehre und Forschung unterstützt.

Dabei handelt es sich um einen Bereich, der erst die organisatorischen und technischen Grundlagen schafft und aufrechterhält, auf denen Wissenschaft in den Fachbereichen und Instituten betrieben werden kann. Eine unmittelbare Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten anderer ist durch die Klägerin nicht erfolgt; vielmehr hat sich ihre Arbeit auf die Aufgabenstellung des CeDiS als wissenschaftsunterstützenden Bereich bezogen. Es ist nicht erkennbar und von der Beklagten auch nicht behauptet worden, dass im CeDiS selbst Forschung und Lehre betrieben werden. Die von den wissenschaftlichen Einrichtungen genutzten virtuellen Lernplattformen und digitalen Medien und Technologien werden zwar auch für Zwecke der Forschung und Lehre eingesetzt. Hierbei handelt es sich aber nur um Unterstützungstools, deren Unterhaltung die Klägerin ohne Bezug zu konkreten wissenschaftlichen Tätigkeiten technisch begleitete.

Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung ist auch nicht nach § 121 Abs. 3 BerlHG gerechtfertigt. Denn durch die Regelung in § 6 Satz 1 WissZeitVG hat der Bundesgesetzgeber das Recht der Befristung der Arbeitsverhältnisse Studierender an deutschen Hochschulen abschließend geregelt.
BAG online
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