Teilnahme an "Potsdamer Treffen" allein rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung
ArbG Köln v. 3.7.2024 - 17 Ca 543/24
Der Sachverhalt:
Die 64-jährige Klägerin ist seit dem Jahr 2000 bei der Stadt Köln beschäftigt und war zuletzt als zentrale Ansprechpartnerin für das Beschwerdemanagement im Umwelt- und Verbraucherschutzamt tätig. Sie nahm am 25.11.2023 an einem Treffen in der Villa Adlon in Potsdam teil, über welches bundesweit berichtet wurde. Dies nahm die Stadt Köln zum Anlass, der Klägerin, die tariflich ordentlich nicht kündbar ist, mehrere außerordentliche Kündigungen auszusprechen. Die Stadt begründet die Kündigungen damit, dass die Klägerin durch die Teilnahme an dem Treffen mit mutmaßlich rechtsextremen Teilnehmern und dort diskutierten Remigrationsplänen gegen ihre Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber verstoßen habe.
Das ArbG gab der Kündigungsschutzklage statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim LAG eingelegt werden.
Die Gründe:
Die Teilnahme an dem Treffen allein rechtfertigt vorliegend keine außerordentliche Kündigung.
Ein wichtiger Grund ist hier nicht gegeben. Die Klägerin trifft aufgrund ihrer konkreten Tätigkeit nur eine sog. einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht. Das Maß an Loyalität und Treue zum öffentlichen Arbeitgeber ist von Stellung und Aufgabenkreis des betroffenen Arbeitnehmers abhängig. Danach schuldet ein Arbeitnehmer lediglich ein solches Maß an politischer Loyalität, das für die funktionsgerechte Verrichtung seiner Tätigkeit unabdingbar ist. Diese einfache Treuepflicht wird erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele aktiv zu fördern oder zu verwirklichen. Allein die Teilnahme an dem streitgegenständlichen Treffen rechtfertigt nicht den Schluss, dass sich die Klägerin in innerer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Beiträge befunden hat. Ein Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele, z.B. durch Wortbeiträge im Rahmen des Treffens, hat die Beklagte nicht behauptet.
Eine weitere außerordentliche Kündigung vom 18.3.2024 ist ebenfalls unwirksam. Der gegen die Klägerin erhobene Vorwurf, die Klägerin habe im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vorsätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben, war nicht gerechtfertigt.
Mehr zum Thema:
Aufsatz
Die Verdachtskündigung
Norbert Windeln, / Christian Breetzke, ArbRB 2024, 151
ARBRB0066810
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ArbG Köln PM vom 3.7.2024
Die 64-jährige Klägerin ist seit dem Jahr 2000 bei der Stadt Köln beschäftigt und war zuletzt als zentrale Ansprechpartnerin für das Beschwerdemanagement im Umwelt- und Verbraucherschutzamt tätig. Sie nahm am 25.11.2023 an einem Treffen in der Villa Adlon in Potsdam teil, über welches bundesweit berichtet wurde. Dies nahm die Stadt Köln zum Anlass, der Klägerin, die tariflich ordentlich nicht kündbar ist, mehrere außerordentliche Kündigungen auszusprechen. Die Stadt begründet die Kündigungen damit, dass die Klägerin durch die Teilnahme an dem Treffen mit mutmaßlich rechtsextremen Teilnehmern und dort diskutierten Remigrationsplänen gegen ihre Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber verstoßen habe.
Das ArbG gab der Kündigungsschutzklage statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim LAG eingelegt werden.
Die Gründe:
Die Teilnahme an dem Treffen allein rechtfertigt vorliegend keine außerordentliche Kündigung.
Ein wichtiger Grund ist hier nicht gegeben. Die Klägerin trifft aufgrund ihrer konkreten Tätigkeit nur eine sog. einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht. Das Maß an Loyalität und Treue zum öffentlichen Arbeitgeber ist von Stellung und Aufgabenkreis des betroffenen Arbeitnehmers abhängig. Danach schuldet ein Arbeitnehmer lediglich ein solches Maß an politischer Loyalität, das für die funktionsgerechte Verrichtung seiner Tätigkeit unabdingbar ist. Diese einfache Treuepflicht wird erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele aktiv zu fördern oder zu verwirklichen. Allein die Teilnahme an dem streitgegenständlichen Treffen rechtfertigt nicht den Schluss, dass sich die Klägerin in innerer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Beiträge befunden hat. Ein Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele, z.B. durch Wortbeiträge im Rahmen des Treffens, hat die Beklagte nicht behauptet.
Eine weitere außerordentliche Kündigung vom 18.3.2024 ist ebenfalls unwirksam. Der gegen die Klägerin erhobene Vorwurf, die Klägerin habe im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vorsätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben, war nicht gerechtfertigt.
Aufsatz
Die Verdachtskündigung
Norbert Windeln, / Christian Breetzke, ArbRB 2024, 151
ARBRB0066810
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