27.01.2014

Umwandlung eines Zeit-Wertguthabens in eine bezahlte Freistellung vor Rentenbeginn: Unternehmen dürfen differenzieren

Können in einem Unternehmen (hier: Volkswagen) Zeit-Wertguthaben aufgebaut werden, die die Arbeitnehmer vor Rentenbeginn in eine bezahlte Freistellung umwandeln können, so kann der Arbeitgeber bei der Umrechnung nach verschiedenen Arbeitnehmergruppen differenzieren. Er kann insbesondere bei der Umrechnung unterschiedlichen Arbeitsbedingungen - vor allem Arbeitszeiten - Rechnung tragen.

LAG Niedersachsen 13.1.2014, 13 Sa 1455/12
Der Sachverhalt:
Die Beklagte (VW in Wolfsburg) bietet ihren Beschäftigten auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung die Bildung von Zeit-Werten an. Auf entsprechenden Konten können die Mitarbeiter z.B. Monatsentgeltbestandteile, Ansprüche auf Sonderurlaub, Bonuszahlungen oder Jubiläumsgratifikationen einbringen. Die Werte werden in Geld erfasst. Sie dienen der Verkürzung der Lebensarbeitszeit vor Rentenbeginn. Rechtzeitig vor der gesetzlichen Altersgrenze wird das aktuelle Zeit-Wertguthaben in bezahlte Freistellungszeiträume umgerechnet.

Der Kläger erreicht 2014 die gesetzliche Altersgrenze. Er ist im sog. indirekten Bereich der Beklagten beschäftigt, für den ein Arbeitszeitkorridor von 26 bis 34 Wochenstunden einschließlich eines Leistungsbetrags von einer Stunde gilt, während für Arbeitnehmer des sog. direkten Bereichs ein Korridor von 25 bis 33 Wochenstunden maßgeblich ist. Seine regelmäßige Wochenarbeitszeit betrug zuletzt 34 Stunden.

Die Beklagte berechnete die Anzahl der Freistellungstage, indem sie zunächst den aktuellen Marktwert des Guthabens des Klägers durch den sog. individuellen Bruttostundensatz (Monatsverdienst: Anzahl der sich bei 33 Wochenstunden ergebenden Monatsstundenzahl) teilte. Die sich ergebende Zahl freizustellender Stunden dividierte sie durch 6,8 Stunden, nämlich der Stundenzahl, die sich für einen Arbeitstag unter Zugrundelegung einer 34-Stunden-Woche bei fünf Wochenarbeitstagen ergibt.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Berechnung der Freistellungstage nach Maßgabe einer Arbeitsverpflichtung von 6,6 Stunden täglich. Die Berechnungsweise, die die Beklagte ihren Arbeitnehmern in der Einzahlungsphase nicht transparent vermittelt habe, benachteilige Mitarbeiter des indirekten ungerechtfertigt gegenüber Mitarbeitern des direkten Bereichs. Das Arbeitsgericht gab der Zahlungsklage im Wesentlichen statt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte überwiegend Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte lediglich einen Anspruch auf Nachzahlung von 276,52 Euro.

Die maßgebliche Betriebsvereinbarung verweist hinsichtlich der Umrechnung der Zeit-Werte in Freistellungszeiten u.a. auf die tariflichen Regelungen, die im Umrechnungszeitpunkt einen Leistungsbeitrag in Höhe von einer unbezahlten Stunde für die Mitarbeiter des indirekten Bereiches vorsahen. Diesen Leistungsbeitrag müssen sich die Mitarbeiter dieser Gruppe für die Dauer der Freistellung von ihren Zeit-Wertguthaben erkaufen.

Eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegenüber den Mitarbeitern des direkten Bereiches liegt hierin wegen der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen in beiden Bereichen und des für die Mitarbeiter des direkten Bereichs andersartigen Leistungsbeitrags (Wegfall bezahlter Pausen) nicht.

LAG Niedersachsen PM v. 16.1.2014
Zurück