12.09.2013

Unsichere Prognose rechtfertigt keine Befristung des Arbeitsverhältnisses wegen vorübergehenden Bedarfs

Eine Sachgrundbefristung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt voraus, dass nur vorübergehend ein betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung besteht. Hierfür reicht es nicht aus, dass dem Arbeitgeber - wie im Fall der sog. Optionskommunen - dauerhaft anfallende sozialstaatliche Aufgaben vorerst nur zeitweise übertragen sind. Für einen vorübergehenden Beschäftigungsbedarf genügt es also nicht, dass eine Aufgabe beim Arbeitgeber möglicherweise entfällt.

BAG 11.9.2013, 7 AZR 107/12
Der Sachverhalt:
§ 6a SGB II eröffnete kommunalen Trägern (sog. Optionskommunen) die Möglichkeit, auf Antrag anstelle der Bundesagentur für Arbeit als Träger der Leistungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugelassen zu werden. Das Optionsmodell war zunächst auf die Jahre 2005 bis 2010 begrenzt. Inzwischen wurden die Zulassungen unter bestimmten Voraussetzungen unbefristet verlängert.

Bei dem beklagten Landkreis handelt es sich um eine solche Optionskommune. Die Klägerin war hier seit Oktober 2005 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse als Sachbearbeiterin in der Arbeitsvermittlung beschäftigt. Der Landkreis berief sich gegenüber der Klägerin - anders als bei vielen anderen Arbeitnehmern, die er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernahm - auf die Befristung. Er begründete dies damit, dass das Optionsmodell zur Zeit des Vertragsschlusses befristet gewesen sei.

Die Klägerin erhob eine Befristungskontrollklage. Hiermit hatte sie vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Das LAG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin bestätigte das BAG die klagestattgebende Entscheidung der ersten Instanz.

Die Gründe:
Zwischen den Parteien besteht mangels wirksamer Befristung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit grds. eines sachlichen Grundes. Ein solcher ist zwar nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gegeben, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Die Voraussetzungen dieses Sachgrunds sind vorliegend aber nicht erfüllt.

Für eine Befristung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrags eine entsprechende Prognose zu erstellen. Diese ist nicht bereits dann begründet, wenn dem Arbeitgeber dauerhaft anfallende sozialstaatliche Aufgaben nur zeitweise übertragen sind. Es reicht nicht aus, dass eine Aufgabe beim Arbeitgeber möglicherweise entfällt.

Die zunächst bestehende Ungewissheit über die Fortführung des Optionsmodells rechtfertigt daher keine Befristung des Arbeitsvertrags.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 53 vom 12.9.2013
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