Vollstreckung der Verpflichtung zur Erteilung eines Zeugnisses nach einem gerichtlichen Vergleich
Hessisches LAG v. 28.1.2019, 8 Ta 396/18Die Beklagte und der Kläger hatten im April 2018 in einem Gütetermin auszugsweise den folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen:
"Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Endzeugnis unter dem Ausstellungsdatum 28.2.2018 zu erteilen. Die abschließende Leistungs- und Führungsbeurteilung entspricht der Note "gut". Der Kläger ist hierzu berechtigt, einen schriftlichen Entwurf bei der Beklagten einzureichen, von dem die Beklagte nur aus wichtigem Grund abweichen darf."
Im Juni 2018 hat der Kläger die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen die Beklagte beantragt und dies damit begründet, dass diese ihrer Verpflichtung des gerichtlichen Vergleichs nicht nachgekommen sei. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bestätigte, dass die Beklagte dem Kläger ein Zeugnis übersandt hatte, das in mehrfacher Hinsicht vom Entwurf des Klägers abwich. Es enthielt auszugsweise folgenden Text:
"Herr A verfügt über ein ausreichendes Fachwissen, das er mit Erfolg in der Praxis einsetzte.
Zusammenfassend erledigte Herr A die ihm übertragenen Aufgaben somit zu unserer Zufriedenheit.
... Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war in Ordnung.
Das Arbeitsverhältnis endet einvernehmlich mit dem heutigen Datum. Wir bedauern dies, einen guten Mitarbeiter verlieren, ..."
Der Kläger war der Ansicht, die Beklagte habe mit dem Zeugnis den Vergleich nicht erfüllt, da es "i.A." unterzeichnet worden sei und der geschuldeten Beurteilung nicht im Ansatz entspreche. Das Arbeitsgericht war der Ansicht, dass das erteilte Zeugnis nicht dem Entwurf und der Note "gut" entspräche und hat gegen die Beklagte ein Zwangsgeld i.H.v. 500 €, ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je 100 € festgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten blieb vor dem LAG ohne Erfolg.
Die Gründe:
Die Beklagte hat ihre Verpflichtung aus dem gerichtlichen Vergleich nicht erfüllt.
Wird in einem gerichtlichen Vergleich die Beurteilung "gut" betreffend Führungs- und Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis aufgenommen, fehlt es zwar an sich an der für eine Zwangsvollstreckung notwendigen Bestimmtheit der von der Beklagten vorzunehmenden Handlung. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Vergleich - wie hier - festlegt, dass das Zeugnis nach Maßgabe eines Entwurfs des Arbeitnehmers zu erstellen ist und eine Abweichung nur aus wichtigem Grund möglich ist. In einem solchen Fall haben die Parteien die Formulierungshoheit des Arbeitgebers maßgeblich eingeschränkt und diese dem Arbeitnehmer übertragen. Es liegt damit an ihm, zu entscheiden, welche positiven oder negativen Leistungen er stärker hervorheben will.
Die Beklagte hatte bis auf einen Satz zur Unternehmensleitung überhaupt keinen Vortrag zum Inhalt des Zeugnisentwurfs des Klägers gehalten. Sie hatte stattdessen ein Zeugnis übersandt, dessen Führungs- und Leistungsbeurteilung nicht überdurchschnittlich sind und damit offensichtlich nicht der Note "gut" entsprachen. Zudem attestierte die Beklagte dem Kläger lediglich "ausreichendes" Fachwissen. Auch waren unverkennbar grammatikalische Defizite vorhanden. So hieß es im letzten Absatz "wir bedauern dies, einen guten Mitarbeiter verlieren, ...".
Das Zeugnis war darüber hinaus mit "i.A." gezeichnet und ließ so den Aussteller nicht erkennen. Die Beklagte verwendete einen Briefbogen anstelle von Geschäftspapier ohne Adresszusatz. Das Zeugnis enthielt zudem den Zusatz "per Einschreiben". Das auf einem Geschäftsbogen vorhandene Adressfeld darf aber nicht ausgefüllt sein, da dies als Hinweis darauf gewertet werden kann, dass das Zeugnis nicht zeitnah und damit erst nach einem Streit erteilt worden sein könnte. Die Beklagte konnte sich daher unter keinen Umständen auf Erfüllung berufen.
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