Vorlage an den EuGH: Wann dürfen Kirchen konfessionslose Bewerber ablehnen?
BAG 17.3.2016, 8 AZR 501/14 (A)Die konfessionslose Klägerin hatte sich auf eine von dem beklagten Werk der Evangelischen Kirche ausgeschriebene Referentenstelle für das Projekt "Parallelberichterstattung zur UN-Anti-Rassismus-Konvention" beworben. In der Stellenausschreibung hatte es u.a. geheißen:
"Die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag setzen wir voraus. Bitte geben Sie Ihre Konfession im Lebenslauf an."
Nach einer ersten Sichtung der Bewerbungen durch den Beklagten war die Bewerbung der Kläger zwar noch im Auswahlverfahren verblieben; die Klägerin wurde aber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt eine Absage.
Die Klägerin war der Auffassung, dass sie die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht erhalten habe. Dies sei jedenfalls bei unionsrechtskonformer Auslegung nicht mit dem Diskriminierungsverbot des AGG vereinbar. Ihrer Klage gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG i.H.v. mindestens 9.788,65 Euro gab das Arbeitsgericht teilweise statt; das LAG wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin setzte das BAG das Verfahren aus und legte dem EuGH nach Art. 267 AEUV nachfolgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor.
Die Vorlagefragen:
- Ist Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG dahin auszulegen, dass ein Arbeitgeber, wie der Beklagte im vorliegenden Verfahren (bzw. die Kirche für ihn) verbindlich selbst bestimmen kann, ob eine bestimmte Religion eines Bewerbers nach der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts seines/ihres Ethos darstellt?
- Sofern die erste Frage verneint wird: Muss eine Bestimmung des nationalen Rechts wie hier § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG, wonach eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften und die ihnen zugeordneten Einrichtungen auch zulässig ist, wenn eine bestimmte Religion unter Beachtung des Selbstverständnisses dieser Religionsgemeinschaft im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt, in einem Rechtsstreit wie hier unangewendet bleiben?
- Sofern die erste Frage verneint wird, zudem: Welche Anforderungen sind an die Art der Tätigkeit oder die Umstände ihrer Ausübung als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zu stellen?
Der Hintergrund:
Nach Art 4 Abs. 2 RL 2000/78/EG können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung einer Person wegen der Religion keine Diskriminierung darstellt, "wenn die Religion dieser Person nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt".
§ 9 Abs. 1 AGG bestimmt insoweit, dass "eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften auch zulässig (ist), wenn eine bestimmte Religion unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt".
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Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.