Wann ist ein Schriftsatz auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht?
BAG v. 24.10.2024 - 2 ABR 38/23
Der Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin hatte mit am 1.12.2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung beantragt. Ausweislich des Prüfvermerks wurde die Antragsschrift vom Universitätsklinikum (UKM) über dessen besonderes elektronisches Behördenpostfach (beBPo) versandt. Eine qualifizierte elektronische Signatur wurde nicht verwendet. Die Antragsschrift war auf dem Geschäftspapier der Arbeitgeberin gefertigt worden und wies als Verfasserin "H - Rechtsanwältin" aus. Diese hat den Schriftsatz - wiederum mit dem Zusatz "Rechtsanwältin" - auch maschinenschriftlich unterzeichnet. In der linken oberen Ecke über dem Anschriftfeld heißt es "Universitätsklinikum M" und darunter "Per BeBPo". Frau H ist eine Mitarbeiterin in der Stabsstelle Arbeitsrecht des UKM, die daneben als Rechtsanwältin - nicht Syndikusrechtsanwältin - zugelassen ist.
Beim Arbeitsgericht ist für Frau H eine von der Arbeitgeberin erteilte Vollmacht vom 28.9.2022 hinterlegt. Danach ist Frau H ermächtigt, die Arbeitgeberin in allen Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht zu vertreten. Die Arbeitgeberin war der Ansicht, das vorliegende Verfahren sei am 1.12.2022 wirksam und die Frist des § 626 Abs. 2 BGB wahrend eingeleitet worden. Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das LAG hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat das BAG den Beschluss des LAG aufgehoben und das Verfahren zur neuen Anhörung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat die Arbeitgeberin das Verfahren am 1.12.2022 - und damit fristgerecht - wirksam beim Arbeitsgericht eingeleitet.
Ein Schriftsatz ist grundsätzlich auf einem sicheren Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ArbGG bei Gericht eingereicht worden, wenn feststeht, dass die Übermittlung durch einen zugangsberechtigten Beschäftigten des Postfachinhabers erfolgt ist. Bei der Einreichung der Antragsschrift kann sich die antragstellende Arbeitgeberin u.a. von einer Bevollmächtigten (§§ 80 ff. ZPO) vertreten lassen, die bei einem mit ihr verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) beschäftigt ist (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Danach ist die das vorliegende Verfahren einleitende Antragsschrift am 1.12.2022 wirksam beim Arbeitsgericht eingereicht worden.
Die Antragsschrift war ausweislich des Briefkopfs und der Abschlusszeile von Frau H verantwortet. Diese war gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ArbGG vor dem Arbeitsgericht vertretungsberechtigt. Sie ist bei einem mit der Arbeitgeberin verbundenen Unternehmen, nämlich dem UKM als deren Alleingesellschafterin, beschäftigt. Auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts - wie das UKM - ist ein Unternehmen i.S.v. § 15 AktG, wenn sie an einem privatrechtlich organisierten Unternehmen - wie der Arbeitgeberin - beteiligt ist. Frau H war aufgrund der von der Arbeitgeberin erteilten, beim Arbeitsgericht hinterlegten (Außen-)Vollmacht iSv. §§ 80 ff. ZPO ermächtigt, die Arbeitgeberin dort in allen Rechtsstreitigkeiten zu vertreten.
Das umfasste die Einleitung und erstinstanzliche Durchführung des vorliegenden Beschlussverfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG. Für die nachgewiesene "unmittelbare" Vollmacht von Frau H spielte es keine Rolle, ob die Arbeitgeberin zur Einleitung und Durchführung des Verfahrens zunächst (auch) das UKM bevollmächtigt und dieses Frau H eine Untervollmacht erteilt hatte. Infolgedessen ist das Verfahren formwirksam für die Arbeitgeberin eingeleitet worden. § 6 Abs. 1 ERVV fordert nicht, dass die Person, die den Schriftsatz verantwortet, selbst Inhaber des beBPo sein muss. Ein solches kann nur für Behörden sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts als Postfachinhaber eröffnet werden. Es handelt sich um einen sog. nicht-personengebundenen sicheren Übermittlungsweg.
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Die Arbeitgeberin hatte mit am 1.12.2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung beantragt. Ausweislich des Prüfvermerks wurde die Antragsschrift vom Universitätsklinikum (UKM) über dessen besonderes elektronisches Behördenpostfach (beBPo) versandt. Eine qualifizierte elektronische Signatur wurde nicht verwendet. Die Antragsschrift war auf dem Geschäftspapier der Arbeitgeberin gefertigt worden und wies als Verfasserin "H - Rechtsanwältin" aus. Diese hat den Schriftsatz - wiederum mit dem Zusatz "Rechtsanwältin" - auch maschinenschriftlich unterzeichnet. In der linken oberen Ecke über dem Anschriftfeld heißt es "Universitätsklinikum M" und darunter "Per BeBPo". Frau H ist eine Mitarbeiterin in der Stabsstelle Arbeitsrecht des UKM, die daneben als Rechtsanwältin - nicht Syndikusrechtsanwältin - zugelassen ist.
Beim Arbeitsgericht ist für Frau H eine von der Arbeitgeberin erteilte Vollmacht vom 28.9.2022 hinterlegt. Danach ist Frau H ermächtigt, die Arbeitgeberin in allen Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht zu vertreten. Die Arbeitgeberin war der Ansicht, das vorliegende Verfahren sei am 1.12.2022 wirksam und die Frist des § 626 Abs. 2 BGB wahrend eingeleitet worden. Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das LAG hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat das BAG den Beschluss des LAG aufgehoben und das Verfahren zur neuen Anhörung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat die Arbeitgeberin das Verfahren am 1.12.2022 - und damit fristgerecht - wirksam beim Arbeitsgericht eingeleitet.
Ein Schriftsatz ist grundsätzlich auf einem sicheren Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ArbGG bei Gericht eingereicht worden, wenn feststeht, dass die Übermittlung durch einen zugangsberechtigten Beschäftigten des Postfachinhabers erfolgt ist. Bei der Einreichung der Antragsschrift kann sich die antragstellende Arbeitgeberin u.a. von einer Bevollmächtigten (§§ 80 ff. ZPO) vertreten lassen, die bei einem mit ihr verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) beschäftigt ist (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Danach ist die das vorliegende Verfahren einleitende Antragsschrift am 1.12.2022 wirksam beim Arbeitsgericht eingereicht worden.
Die Antragsschrift war ausweislich des Briefkopfs und der Abschlusszeile von Frau H verantwortet. Diese war gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ArbGG vor dem Arbeitsgericht vertretungsberechtigt. Sie ist bei einem mit der Arbeitgeberin verbundenen Unternehmen, nämlich dem UKM als deren Alleingesellschafterin, beschäftigt. Auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts - wie das UKM - ist ein Unternehmen i.S.v. § 15 AktG, wenn sie an einem privatrechtlich organisierten Unternehmen - wie der Arbeitgeberin - beteiligt ist. Frau H war aufgrund der von der Arbeitgeberin erteilten, beim Arbeitsgericht hinterlegten (Außen-)Vollmacht iSv. §§ 80 ff. ZPO ermächtigt, die Arbeitgeberin dort in allen Rechtsstreitigkeiten zu vertreten.
Das umfasste die Einleitung und erstinstanzliche Durchführung des vorliegenden Beschlussverfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG. Für die nachgewiesene "unmittelbare" Vollmacht von Frau H spielte es keine Rolle, ob die Arbeitgeberin zur Einleitung und Durchführung des Verfahrens zunächst (auch) das UKM bevollmächtigt und dieses Frau H eine Untervollmacht erteilt hatte. Infolgedessen ist das Verfahren formwirksam für die Arbeitgeberin eingeleitet worden. § 6 Abs. 1 ERVV fordert nicht, dass die Person, die den Schriftsatz verantwortet, selbst Inhaber des beBPo sein muss. Ein solches kann nur für Behörden sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts als Postfachinhaber eröffnet werden. Es handelt sich um einen sog. nicht-personengebundenen sicheren Übermittlungsweg.
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