Warnstreik in Unternehmen nach Wechsel in OT-Mitgliedschaft rechtswidrig - Gewerkschaft muss Schadensersatz leisten
BAG 19.6.2012, 1 AZR 775/10Die Klägerin betreibt ein Unternehmen im Bereich pharmazeutischer Verpackungen. Sie war bis zum 29.3.2009 tarifgebundenes Mitglied im Arbeitgeberverband Druck und Medien Hessen e.V. (VDMH). Zum 30.3.2009 wechselte sie innerhalb des VDHM in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung und wurde zum 1.5.2009 zudem Mitglied mit Tarifbindung im Arbeitgeberverband Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitende Unternehmen (VPU).
Zum 31.3.2009 hatte die beklagte Gewerkschaft ver.di den mit dem VDMH geschlossenen Entgelttarifvertrag gekündigt. Im Mai wurde sie seitens des VPU und der Klägerin schriftlich sowie in einem mündlichen Gespräch über den Statuswechsel der Klägerin informiert. Dennoch rief sie die Arbeitnehmer der Klägerin für den 29.5.2009 zu einem ganztägigen Warnstreik zur Durchsetzung einer Lohnerhöhung in der Druckindustrie auf. Die Belegschaft der Klägerin folgte dem Streikaufruf überwiegend, so dass diese ihre Produktion an diesem Tag nicht aufnehmen konnte.
Die Klägerin machte geltend, dass der Warnstreik infolge ihres Statuswechsels rechtswidrig gewesen sei. Sie verlangte deshalb von ver.di Schadensersatz i.H.v. rund 35.000,- Euro. Die Gewerkschaft wandte hiergegen ein, dass der Streik jedenfalls als Unterstützungsstreik rechtmäßig gewesen sei. Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin entschied das BAG, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch zusteht. Es verwies allerdings die Sache zur weiteren Sachaufklärung über die Schadenshöhe an das LAG zurück.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen ver.di aus § 823 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz, da der Warnstreik rechtswidrig war.
Wechselt ein Unternehmen während laufender Tarifvertragsverhandlungen innerhalb eines Arbeitgeberverbands von einer Mitgliedschaft mit Tarifbindung in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft) und informiert es die Gewerkschaft über diesen Statuswechsel, so sind spätere gegen dieses Unternehmen gerichtete Arbeitskampfmaßnahmen zum Abschluss eines Verbandstarifvertrags unzulässig.
Ein solcher Fall lag hier vor. Die Klägerin gehörte zum Zeitpunkt des Warnstreiks dem Arbeitgeberverband VDMH nicht mehr als tarifgebundenes Mitglied an. Ihr vorheriger Wechsel in eine OT-Mitgliedschaft war für ver.di hinreichend transparent und damit tarifrechtlich wirksam. Auch eine Umdeutung des Warnstreiks in einen Unterstützungsstreik scheidet aus.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht.
- Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.