04.03.2016

Wechsel in ein befristetes Arbeitsverhältnis führt nicht unbedingt zu einer Sperre beim Arbeitslosengeld

Der Wechsel von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis führt bei einer anschließenden Arbeitslosigkeit nicht ohne weiteres zum Eintritt einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Eine Sperrzeit kommt nur in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer ein anderes Verhalten hätte zugemutet werden können. Dies ist nicht der Fall, wenn die befristete Beschäftigung mit deutlich besseren Arbeitsbedingungen verbunden war als die vorherige unbefristete Beschäftigung.

SG Speyer 17.2.2016, S 1 AL 63/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger war zunächst bei einem ca. 50 km von seinem Wohnort entfernten Arbeitgeber als Maurer beschäftigt. Er kündigte das unbefristete Arbeitsverhältnis und wechselte in eine befristete Beschäftigung bei einem Arbeitgeber in der Nähe seines Wohnortes, der überdies einen um ca. 20 Prozent höheren Stundenlohn bezahlte. Die Befristung lief nach zwei Monaten aus, ohne dass ein Anschlussvertrag abgeschlossen wurde. Der Kläger meldete sich deshalb arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (ALG I).

Die beklagte Bundesagentur für Arbeit stellte den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen fest und verweigerte für diese Zeit die Zahlung von ALG I. Das begründete sie damit, dass der Kläger ein unbefristetes Arbeitsverhältnis selbst gekündigt und habe damit bewusst seine Arbeitslosigkeit im Anschluss an das Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses herbeigeführt habe. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, dass die befristete Beschäftigung ihm viele Vorteile geboten habe: Durch die geringe Entfernung zu seinem Wohnort habe er in erheblichem Umfang Fahrtkosten eingespart. Zudem sei er in dem unbefristeten Arbeitsverhältnis untertariflich bezahlt worden und habe seinen Lohn häufig nicht pünktlich erhalten.

Das SG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die Beklagte hat zu Unrecht den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt und die Zahlung von Arbeitslosengeld verweigert. Der Kläger hatte ein berechtigtes Interesse an der Lösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses.

Wechselt ein Arbeitnehmer aus einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis tritt nur dann eine Sperrzeit ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dies ist nicht der Fall, wenn das befristete Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer mit deutlich attraktiveren Arbeitsbedingungen verbunden ist als die vorherige unbefristete Beschäftigung.

Eine solche Konstellation liegt hier vor. Der Kläger konnte durch die neue befristete Beschäftigung seinen Anfahrtsweg zur Arbeit und damit die Höhe der Fahrtkosten drastisch verkürzen. Dies hat indirekt zu einem deutlich höheren Nettoarbeitsentgelt geführt. Im Übrigen hat der neue Arbeitgeber einen um ca. 20 Prozent höheren Stundenlohn gezahlt. Damit waren die Arbeitsbedingungen in dem befristeten Arbeitsverhältnis deutlich attraktiver als in dem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger durfte deshalb in die befristete Beschäftigung wechseln, ohne eine Sperrzeit beim  ALG I zu riskieren.

SG Speyer PM vom 19.2.2016
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