Weigerung zur Zusammenarbeit mit einem "Low Performer" rechtfertigt regelmäßig keine Druckkündigung
ArbG Magdeburg 25.1.2012, 3 Ca 1917/11Der Kläger ist seit 2010 in dem Bauunternehmen der Beklagten beschäftigt. In dem Betrieb sind mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit tätig. Für die einzelnen Arbeitseinsätze setzt die Beklagte Kolonnen mit bis zu sechs Mitarbeitern ein.
Im Juni 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit ordentlicher Kündigungsfrist. Sie rechtfertigte die Kündigung damit, dass sich die anderen Mitarbeiter aufgrund des geringen Arbeitstempos und der geringen Arbeitsleistung des Klägers weigern würden, weiterhin mit diesem zusammenzuarbeiten. Zudem hätten zwei Kolonnenführer erklärt, nicht mehr für sie arbeiten zu wollen, wenn der Kläger weiterhin beschäftigt würde.
Die gegen die Kündigung gerichtete Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg.
Die Gründe:
Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht rechtswirksam beendet.
Die von der Beklagten behaupteten schlechten Arbeitsleistungen des Klägers rechtfertigen keine verhaltensbedingte Kündigung. Arbeitnehmer schulden nicht unbedingt schnellstmögliche und fehlerfreie Arbeit, auch nicht objektiv durchschnittliche Leistungen. Sie müssen lediglich eine - bei angemessener Anspannung ihrer individuellen Kräfte und Fähigkeiten - normale Arbeitsleistung von mittlerer Art und Güte erbringen. Dass die Arbeitsleistungen des Klägers diesen Anforderungen nicht genügen, hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht dargelegt.
Die Kündigung ist auch nicht als sog. Druckkündigung gerechtfertigt. Insoweit kommt u.a. eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber die Entlassung des Arbeitnehmers verlangen. Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Druckkündigung sind, dass
- die angedrohten Nachteile, für den Fall, dass der Arbeitgeber dem Druck nicht nachgibt, von erheblichem Gewicht sind, und z.B. schwere wirtschaftliche Schäden ernsthaft drohen,
- der Arbeitgeber die Drucksituation nicht in vorwerfbarer Weise selbst herbeigeführt hat und
- er sich zunächst schützend vor den Arbeitnehmer gestellt und alles ihm Zumutbare versucht hat, um Dritte von deren Drohung abzubringen.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte hat insbesondere nicht hinreichend versucht, durch Möglichkeiten unterhalb der Schwelle der Kündigung für Entlastung zu sorgen. So hätte sie insbesondere zunächst einmal sicherstellen können, dass die anderen Mitarbeiter unter etwaigen Schlechtleistungen des Klägers nicht leiden, z.B. durch Herausrechnung der Arbeitsleistung des Klägers, Erhöhung der Anzahl der Mitarbeiter der Kolonne, Mehrarbeitszuschläge o.Ä.