Widerruf einer Zulage: AGB-Klausel kann in Altfällen trotz fehlender Angabe von Widerrufsgründen wirksam sein
BAG 20.4.2011, 5 AZR 191/10Der Kläger ist beim beklagten Verein als Tierarzt tätig. Der 1990 vom Beklagten vorformulierte Arbeitsvertrag sah die Gewährung einer widerruflichen Zulage vor. Im September 2007 widerrief der Beklagte die Zulage zum 31.12.2007.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger die Unwirksamkeit des Widerrufs geltend. Die Widerrufsklausel sei nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes unwirksam geworden. Im Übrigen lägen auch keine wirtschaftlichen Gründe für den Widerruf vor. Der Beklagte machte dagegen geltend, dass eine etwaige durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz entstandene Lücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden könne. Danach sei der Widerruf als zulässig anzusehen, weil sich das Unternehmen in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befinde.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab; das LAG gab ihr statt. Auf die Revision des Beklagten hob das BAG das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
Die Gründe:
Es kann noch nicht abschließend entschieden werden, ob der Kläger weiterhin einen Anspruch auf die Zulage hat.
Die im Arbeitsvertrag des Klägers enthaltene formularmäßige Widerrufsklausel genügt zwar nicht den aktuellen rechtlichen Anforderungen. Denn seit Inkrafttreten der Schuldrechtsreform müssen die Widerrufsgründe in der Vertragsklausel angegeben werden und ist die Klausel bei einem Fehlen dieser Angabe unwirksam. Die hierdurch entstandene Vertragslücke kann allerdings in Altfällen im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden. Das gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in der gesetzlichen Übergangsfrist bis zum 31.12.2002 eine Anpassung der Klausel an den strengeren Rechtszustand angetragen hat.
Ein solcher Altfall liegt hier vor. Die Widerrufsklausel ist nur deshalb unwirksam, weil sie in formeller Hinsicht den strengeren neuen Anforderungen nicht genügt. Zur Verhinderung einer unzulässigen Rückwirkung des durch die Schuldrechtsmodernisierung geänderten BGB und zur Schließung der entstandenen Vertragslücke ist daher eine ergänzende Vertragsauslegung geboten.
Die Sache war an das LAG zur weiteren Sachaufklärung über die behaupteten wirtschaftlichen Gründe zurückzuverweisen.
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