27.09.2022

Wirksame Befristung bei nicht ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrats?

Entsprechend greift nach § 105 Abs. 5 Satz 1 NPersVG die Mitbestimmung des § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG u.a. bei Lehrkräften für besondere Aufgaben bereits bei der erstmaligen Befristung des Arbeitsvertrags, weil diese - nach gesetzgeberischer Verlautbarung - im Hochschulbereich als Personalmaßnahmen beim wissenschaftlichen/künstlerischen Mittelbau einen besonders hohen Stellenwert hätten, der eine (frühzeitige) Beteiligung des Personalrats im Hinblick auf die "unterschiedlichen und vielfältigen" Befristungsgründe bereits bei Erstbefristung rechtfertige.

BAG v. 1.6.2022 - 7 AZR 232/21
Der Sachverhalt:
Die promovierte Klägerin war seit dem 19.10.2015 beim beklagten Land an einer Universität als Lehrkraft für besondere Aufgaben i.S.d.. § 32 Niedersächsisches Hochschulgesetz tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zunächst der bis zum 30.9.2016 ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristete Arbeitsvertrag vom 14.10.2015. Danach war die Klägerin mit der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden Vollzeitkraft beschäftigt. Mit Vertrag vom 21.9.2016 vereinbarten die Parteien eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin ab dem 1.10.016 "auf bestimmte Zeit ... nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG" bis zum 30.9.2019. Bis Ende September 2017 betrug die Arbeitszeit der Klägerin 75 %, anschließend 50 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten.

Die Klägerin machte eine Unwirksamkeit der im letzten Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung geltend und war der Ansicht, ein Sachgrund für diese Befristung liege nicht vor. Zudem hat sie bereits in der Klageschrift die ordnungsgemäße Beteiligung des an der Universität gebildeten Personalrats hinsichtlich der Befristungsabrede gerügt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 21.9.2016 nicht beendet worden ist. Das beklagte Land blieb sowohl mit der Berufung als auch mit der Revision erfolglos.

Die Gründe:
Die Befristung gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG i.V.m. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Sie ist mangels ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrats nach § 65 Abs. 2 Nr. 4, § 68 Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz in der im Zeitpunkt des Abschlusses der streitgegenständlichen Befristungsvereinbarung geltenden Fassung der Neubekanntmachung vom 9.2.2016 (NPersVG, Nds. GVBl. S. 3) unwirksam.

Zu Recht hat die Vorinstanz angenommen, dass dem Personalrat bei der Befristung des Arbeitsvertrags der Klägerin ein Mitbestimmungsrecht nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG zustand. Die Vorschrift begründet ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf einen Aspekt der inhaltlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. Der Personalrat ist dazu berufen, über die Befristungsvereinbarung "als solche" mitzubestimmen und nicht (nur) über die damit verbundene Einstellung als "Realakt".

Das geben bereits Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte von § 65 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 NPersVG vor. Insbesondere der Sachgrund einer Befristung soll damit Gegenstand der Beurteilung des Personalrats sein. Entsprechend greift nach § 105 Abs. 5 Satz 1 NPersVG die Mitbestimmung des § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG u.a. bei Lehrkräften für besondere Aufgaben bereits bei der erstmaligen Befristung des Arbeitsvertrags, weil diese - nach gesetzgeberischer Verlautbarung - im Hochschulbereich als Personalmaßnahmen beim wissenschaftlichen/künstlerischen Mittelbau einen besonders hohen Stellenwert hätten, der eine (frühzeitige) Beteiligung des Personalrats im Hinblick auf die "unterschiedlichen und vielfältigen" Befristungsgründe bereits bei Erstbefristung rechtfertige.

Danach unterlag die streitgegenständliche Befristung der Mitbestimmung des Personalrats nach § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG. Bei ihr handelt es sich um eine Befristung "im Anschluss an ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis" i.S.d. § 65 Abs. 2 Nr. 4 NPersVG. Nach dem Wortlaut der Norm sind jedenfalls diejenigen Fälle erfasst, bei denen ein befristetes Arbeitsverhältnis "im Anschluss", also ohne zeitliche Unterbrechung an ein vorangegangenes befristetes Arbeitsverhältnis, geschlossen werden soll. Schließlich musste der Personalrat entgegen der Ansicht des beklagten Landes auch keinen "weiteren Informationsbedarf" anmelden.

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