Zu Gegenstandswert und Vergleichsmehrwert im Kündigungsschutzprozess
LAG Berlin-Brandenburg v. 6.2.2024 - 26 Ta (Kost) 6009/24
Der Sachverhalt:
Die Klägervertreter machen die gesonderte Berücksichtigung einer unter dem Datum des 13.9.2023 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist neben einer außerordentlichen fristlosen Kündigung vom selben Tag im Rahmen der Bemessung des Gegenstandswerts geltend und den Ansatz eines Vergleichsmehrwerts, weil das Arbeitsverhältnis durch den Vergleich beendet worden ist. Beide Kündigungen beruhen auf demselben Lebenssachverhalt. Personalrat und stellvertretende Frauenvertreterin sind zeitgleich zu beiden Kündigungen angehört worden.
Das ArbG stellte mit Beschluss vom 12.1.2024 das Zustandekommen eines Vergleichs fest. Es ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts von einem Vierteljahresverdienst für beide Kündigungen ausgegangen. Die ersatzweise außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist führe nicht zu einer Werterhöhung.
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des ArbG blieb vor dem LAG ohne Erfolg.
Die Gründe:
Das ArbG hat die Kündigungsschutzanträge zutreffend insgesamt mit einem Vierteljahresverdienst in Ansatz gebracht. Die Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt im Kündigungsschutzprozess nicht den Ansatz eines Vergleichsmehrwerts.
Richtet sich eine Kündigungsschutzklage gegen eine außerordentliche sowie vorsorglich ordentliche Kündigung, liegt nur eine zu bewertende Bestandsstreitigkeit vor. Es handelt sich zwar um zwei rechtlich voneinander unterscheidbare Willenserklärungen, deren Wirksamkeit unterschiedlich zu beurteilen sein kann. Mit einer derartigen außerordentlichen, vorsorglich ordentlichen Kündigung will der Erklärende jedoch regelmäßig lediglich sicherstellen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund des gleichen Lebenssachverhaltes jedenfalls mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sein Ende findet.
Diese Fallgestaltung unterscheidet sich hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nicht von einem Fall, in dem der Arbeitgeber lediglich eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, sich jedoch im Prozess gem. § 140 BGB auf eine Umdeutung dieser Kündigung in eine ordentliche Kündigung beruft. Dies rechtfertigt es, die Klage gegen eine nur hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung nicht gesondert zu bewerten, sofern sie mit der gegen die außerordentliche Kündigung gerichteten Klage verbunden wird.
Das gilt auch für Konstellationen, in denen nicht hilfsweise eine ordentliche, sondern hilfsweise eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist ausgesprochen worden ist. Davon ist zudem auszugehen, wenn die Kündigungen zwar nicht unter demselben Datum, aber in einem nahen zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen worden sind. Entscheidend ist der zugrundeliegende Lebenssachverhalt.
Bei Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte bleibt es hier bei der Begrenzung auf ein Vierteljahresverdienst. Der außerordentlichen fristlosen und der außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist lag auch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde. Der Personalrat und die stellvertretende Frauenvertreterin sind zeitgleich zu beiden Kündigungen mit gleicher Begründung angehört worden. Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts im Hinblick auf die vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses scheidet schon deshalb aus, weil diese streitgegenständlich war. Ein Vergleichsmehrwert kommt in Betracht, wenn im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs nicht anhängige Gegenstände mitverglichen werden.
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Die Klägervertreter machen die gesonderte Berücksichtigung einer unter dem Datum des 13.9.2023 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist neben einer außerordentlichen fristlosen Kündigung vom selben Tag im Rahmen der Bemessung des Gegenstandswerts geltend und den Ansatz eines Vergleichsmehrwerts, weil das Arbeitsverhältnis durch den Vergleich beendet worden ist. Beide Kündigungen beruhen auf demselben Lebenssachverhalt. Personalrat und stellvertretende Frauenvertreterin sind zeitgleich zu beiden Kündigungen angehört worden.
Das ArbG stellte mit Beschluss vom 12.1.2024 das Zustandekommen eines Vergleichs fest. Es ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts von einem Vierteljahresverdienst für beide Kündigungen ausgegangen. Die ersatzweise außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist führe nicht zu einer Werterhöhung.
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des ArbG blieb vor dem LAG ohne Erfolg.
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Das ArbG hat die Kündigungsschutzanträge zutreffend insgesamt mit einem Vierteljahresverdienst in Ansatz gebracht. Die Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt im Kündigungsschutzprozess nicht den Ansatz eines Vergleichsmehrwerts.
Richtet sich eine Kündigungsschutzklage gegen eine außerordentliche sowie vorsorglich ordentliche Kündigung, liegt nur eine zu bewertende Bestandsstreitigkeit vor. Es handelt sich zwar um zwei rechtlich voneinander unterscheidbare Willenserklärungen, deren Wirksamkeit unterschiedlich zu beurteilen sein kann. Mit einer derartigen außerordentlichen, vorsorglich ordentlichen Kündigung will der Erklärende jedoch regelmäßig lediglich sicherstellen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund des gleichen Lebenssachverhaltes jedenfalls mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sein Ende findet.
Diese Fallgestaltung unterscheidet sich hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nicht von einem Fall, in dem der Arbeitgeber lediglich eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, sich jedoch im Prozess gem. § 140 BGB auf eine Umdeutung dieser Kündigung in eine ordentliche Kündigung beruft. Dies rechtfertigt es, die Klage gegen eine nur hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung nicht gesondert zu bewerten, sofern sie mit der gegen die außerordentliche Kündigung gerichteten Klage verbunden wird.
Das gilt auch für Konstellationen, in denen nicht hilfsweise eine ordentliche, sondern hilfsweise eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist ausgesprochen worden ist. Davon ist zudem auszugehen, wenn die Kündigungen zwar nicht unter demselben Datum, aber in einem nahen zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen worden sind. Entscheidend ist der zugrundeliegende Lebenssachverhalt.
Bei Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte bleibt es hier bei der Begrenzung auf ein Vierteljahresverdienst. Der außerordentlichen fristlosen und der außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist lag auch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde. Der Personalrat und die stellvertretende Frauenvertreterin sind zeitgleich zu beiden Kündigungen mit gleicher Begründung angehört worden. Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts im Hinblick auf die vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses scheidet schon deshalb aus, weil diese streitgegenständlich war. Ein Vergleichsmehrwert kommt in Betracht, wenn im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs nicht anhängige Gegenstände mitverglichen werden.
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