Zum Arbeitnehmerstatus einer Cutterin
BAG 17.4.2013, 10 AZR 272/12Die Klägerin ist seit 2001 bei der Beklagten als Cutterin im Bereich Bearbeitung/Editing im Produktionsbetrieb Fernsehen beschäftigt. Sie erhielt für ihre Tätigkeit jeweils eine Tagesgage. Die Beklagte hält für die bei ihr regelmäßig anfallenden Bildschneidearbeiten entsprechende Dienste von Cuttern vor, die in Schneideräumen der Beklagten eingesetzt werden und auf deren Tätigkeit Autoren, Reporter usw. zurückgreifen können. Zu diesem Zweck erstellt die Beklagte Dienstpläne, durch die entsprechende Arbeitskapazitäten zu bestimmten Zeiten (Schichten) gewährleistet sind.
Für die durch fest angestellte Cutter nicht gedeckten Zeiten fragt die Beklagte telefonisch die Bereitschaft zur Übernahme der freien Schichten in einem Kreis von Cuttern ab, die von der Beklagten als freie Mitarbeiter angesehen werden. Zu diesem Kreis gehört auch die Klägerin. Die Klägerin kann die ihr regelmäßig angebotenen Einsätze ablehnen und machte von der Ablehnungsmöglichkeit gelegentlich, wenn auch nicht häufig, Gebrauch.
Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, sie sei Arbeitnehmerin der Beklagten und müsse auch in Zukunft als solche beschäftigt werden. Sie sei 2002 an 186 Tagen, 2003 an 199 Tagen, 2004 an 207 Tagen, 2005 an 57 Tagen, 2006 an 104 Tagen, 2007 an 188 Tagen und 2008 an 231 Tagen tätig gewesen. 2009 sei sie krankheitsbedingt kaum eingesetzt worden. Die Beklagte leistete für diese Zeiten keine Entgeltfortzahlung. Seit 2010 ist die Klägerin wieder als Cutterin für die Beklagte tätig.
Das ArbG hat die Beklagte zur Beschäftigung der Klägerin im Umfang von 68% einer Vollzeitkraft verurteilt und die weiter gehende Klage abgewiesen. Das LAG hat die allein von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Auch die Revision blieb vor dem BAG erfolglos.
Die Gründe:
Die Klägerin ist Arbeitnehmerin der Beklagten. Sie ist mit der Beklagten durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag, gerichtet auf die Leistung von Diensten als Cutterin, verbunden.
Bei nicht programmgestaltenden Mitarbeitern von Rundfunkanstalten - wie im vorliegenden Fall - ist die Arbeitnehmereigenschaft anhand der allgemeinen Kriterien für die Abgrenzung zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem freien Dienstvertrag zu prüfen. Infolgedessen war die Würdigung des LAG, dass die Parteien in einem Arbeitsverhältnis zueinander stehen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Danach war die Klägerin bisher fachlich weisungsgebunden. Sie musste den Schnitt so vornehmen, wie es den Vorstellungen des jeweiligen Redakteurs entsprach. Sie war bei ihrer Tätigkeit örtlich gebunden. Wenn sie Dienst verrichtete, musste dies ausschließlich an dem von der Beklagten dafür vorgesehenen Ort geschehen. Dabei besteht für Rundfunkanstalten keine Notwendigkeit, Schnittarbeiten im Hause erledigen zu lassen. Da es dennoch geschah, konnte die räumliche Einbindung auch als Ausdruck des engen, von der Beklagten gestalteten Arbeitszusammenhangs gesehen werden, dem die Klägerin bei Ausübung ihrer Arbeit unterworfen war.
Die Klägerin war auch ansonsten in die Arbeitsorganisation bei der Beklagten eingebunden. Diese Einbindung war Ausdruck des Willens der Beklagten, die Schnittarbeit in den von ihr gestalteten Arbeitszusammenhang einzupassen und sie damit zu lenken und zu beherrschen. Die zeitliche Weisungsgebundenheit der Klägerin war insoweit strikt, als sie nur im Rahmen der von der Beklagten für alle Cutterinnen und Cutter vorgeschriebenen Schichtpläne arbeiten konnte. Die Anfangs- und Endzeiten ihrer Schichten und die Reihenfolge der Arbeiten an den Tagen, an denen sie Dienst tat, lagen fest und die Klägerin musste sich daran halten.
Die Klägerin handelte auch nicht missbräuchlich, indem sie sich auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses berief. Zwar hatten die Parteien einen Arbeitsvertrag nicht durch den Austausch ausdrücklicher Willenserklärungen, sondern durch Realofferte und deren Annahme geschlossen. Dennoch konnte für die Bestimmung der regelmäßigen vertraglichen Arbeitszeit auf das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens abgestellt werden. Dabei entsprach die vom LAG angewandte Referenzmethode am ehesten dem durch tatsächliche Befolgung geäußerten Parteiwillen. Sie vermied die Überbetonung von auf Zufälligkeiten beruhenden Ausschlägen nach oben und unten.
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