Zur Erstattung der Kosten einer Brille für Bildschirmarbeit
EuGH v. 22.12.2022 - C-392/21
Der Sachverhalt:
Der klagende Mitarbeiter einer rumänischen Behörde verlangt von dieser die Übernahme der Kosten für eine neue Korrekturbrille. Diese sei erforderlich geworden, weil sich sein Sehvermögen aufgrund seiner Bildschirmarbeit und anderer Faktoren verschlechtert habe. Die Beklagte lehnt die Kostenübernahme ab (wie zuvor schon die Krankenkasse). Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.
Das mit der Sache befasste Berufungsgericht in Rumänien hat das Verfahren ausgesetzt und bittet den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens um Auslegung der Richtlinie 90/270/EWG über Mindestvorschriften bzgl. der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit an Bildschirmgeräten. Danach sind den Arbeitnehmern, die an Computerbildschirmen arbeiten müssen, "spezielle Sehhilfen" für die betreffende Arbeit zur Verfügung zu stellen, wenn die Ergebnisse einer Untersuchung ergeben, dass sie notwendig sind und normale Sehhilfen nicht verwendet werden können.
Die Gründe:
Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 90/270 ist dahin auszulegen, dass "spezielle Sehhilfen" im Sinne dieser Bestimmung Korrekturbrillen einschließen, die spezifisch darauf gerichtet sind, Sehbeschwerden im Zusammenhang mit einer Arbeit, bei der ein Bildschirmgerät involviert ist, zu korrigieren und diesen vorzubeugen. Im Übrigen beschränken sich diese "speziellen Sehhilfen" nicht auf Sehhilfen, die ausschließlich im Beruf verwendet werden.
Die Sehbeschwerden müssen zwar bei Untersuchungen festgestellt worden sein, um einen Anspruch auf Bereitstellung einer speziellen Sehhilfe entstehen zu lassen, die Bildschirmarbeit muss jedoch nicht unbedingt die Ursache für diese Beschwerden sein. Eine spezielle Sehhilfe muss notwendigerweise auf die Korrektur oder die Verhinderung von Sehbeschwerden gerichtet sein, die eine normale Sehhilfe weder korrigieren noch verhindern kann. Es ist Sache des rumänischen Gerichts zu prüfen, ob die streitige Korrekturbrille tatsächlich dazu dient, Sehbeschwerden im Zusammenhang mit der Arbeit des betreffenden Mitarbeiters zu korrigieren und nicht allgemeine, nicht zwangsläufig mit den Arbeitsbedingungen zusammenhängende Sehbeschwerden. Der Umstand, dass "spezielle Sehhilfen" laut der Richtlinie "für die betreffende Arbeit" zur Verfügung gestellt werden müssen, bedeutet nicht, dass sie ausschließlich am Arbeitsplatz oder bei der Erfüllung beruflicher Aufgaben verwendet werden dürfen.
Art. 9 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 90/270 ist ferner dahin auszulegen, dass die vorgesehene Pflicht des Arbeitgebers, eine entsprechende Sehhilfe zur Verfügung zu stellen, entweder dadurch erfüllt werden kann, dass dem Arbeitnehmer die Sehhilfe vom Arbeitgeber unmittelbar zur Verfügung gestellt wird, oder dadurch, dass die vom Arbeitnehmer getätigten notwendigen Aufwendungen erstattet werden, nicht aber dadurch, dass ihm eine allgemeine Gehaltszulage gezahlt wird. Der in der Richtlinie verwendete Ausdruck "zur Verfügung zu stellen" hindert den nationalen Gesetzgeber nicht daran, vorzusehen, dass der Arbeitnehmer anstelle der unmittelbaren Bereitstellung einer speziellen Sehhilfe durch den Arbeitgeber wahlweise die Kosten vorstrecken und sie sich anschließend vom Arbeitgeber erstatten lassen kann.
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Der klagende Mitarbeiter einer rumänischen Behörde verlangt von dieser die Übernahme der Kosten für eine neue Korrekturbrille. Diese sei erforderlich geworden, weil sich sein Sehvermögen aufgrund seiner Bildschirmarbeit und anderer Faktoren verschlechtert habe. Die Beklagte lehnt die Kostenübernahme ab (wie zuvor schon die Krankenkasse). Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.
Das mit der Sache befasste Berufungsgericht in Rumänien hat das Verfahren ausgesetzt und bittet den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens um Auslegung der Richtlinie 90/270/EWG über Mindestvorschriften bzgl. der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit an Bildschirmgeräten. Danach sind den Arbeitnehmern, die an Computerbildschirmen arbeiten müssen, "spezielle Sehhilfen" für die betreffende Arbeit zur Verfügung zu stellen, wenn die Ergebnisse einer Untersuchung ergeben, dass sie notwendig sind und normale Sehhilfen nicht verwendet werden können.
Die Gründe:
Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 90/270 ist dahin auszulegen, dass "spezielle Sehhilfen" im Sinne dieser Bestimmung Korrekturbrillen einschließen, die spezifisch darauf gerichtet sind, Sehbeschwerden im Zusammenhang mit einer Arbeit, bei der ein Bildschirmgerät involviert ist, zu korrigieren und diesen vorzubeugen. Im Übrigen beschränken sich diese "speziellen Sehhilfen" nicht auf Sehhilfen, die ausschließlich im Beruf verwendet werden.
Die Sehbeschwerden müssen zwar bei Untersuchungen festgestellt worden sein, um einen Anspruch auf Bereitstellung einer speziellen Sehhilfe entstehen zu lassen, die Bildschirmarbeit muss jedoch nicht unbedingt die Ursache für diese Beschwerden sein. Eine spezielle Sehhilfe muss notwendigerweise auf die Korrektur oder die Verhinderung von Sehbeschwerden gerichtet sein, die eine normale Sehhilfe weder korrigieren noch verhindern kann. Es ist Sache des rumänischen Gerichts zu prüfen, ob die streitige Korrekturbrille tatsächlich dazu dient, Sehbeschwerden im Zusammenhang mit der Arbeit des betreffenden Mitarbeiters zu korrigieren und nicht allgemeine, nicht zwangsläufig mit den Arbeitsbedingungen zusammenhängende Sehbeschwerden. Der Umstand, dass "spezielle Sehhilfen" laut der Richtlinie "für die betreffende Arbeit" zur Verfügung gestellt werden müssen, bedeutet nicht, dass sie ausschließlich am Arbeitsplatz oder bei der Erfüllung beruflicher Aufgaben verwendet werden dürfen.
Art. 9 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 90/270 ist ferner dahin auszulegen, dass die vorgesehene Pflicht des Arbeitgebers, eine entsprechende Sehhilfe zur Verfügung zu stellen, entweder dadurch erfüllt werden kann, dass dem Arbeitnehmer die Sehhilfe vom Arbeitgeber unmittelbar zur Verfügung gestellt wird, oder dadurch, dass die vom Arbeitnehmer getätigten notwendigen Aufwendungen erstattet werden, nicht aber dadurch, dass ihm eine allgemeine Gehaltszulage gezahlt wird. Der in der Richtlinie verwendete Ausdruck "zur Verfügung zu stellen" hindert den nationalen Gesetzgeber nicht daran, vorzusehen, dass der Arbeitnehmer anstelle der unmittelbaren Bereitstellung einer speziellen Sehhilfe durch den Arbeitgeber wahlweise die Kosten vorstrecken und sie sich anschließend vom Arbeitgeber erstatten lassen kann.
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