Zur gesetzlichen Fiktion eines Arbeitsverhältnisses im Fall der Arbeitnehmerüberlassung
LAG Hamm 24.7.2013, 3 Sa 1749/12Der Kläger stand ab dem 5.8.2008 bei einem Reinigungsunternehmen in einem Arbeitsverhältnis. Dieses Reinigungsunternehmen hatte mit der Beklagten, einem Bertelsmann Tochterunternehmen, eine Rahmenvereinbarung über Dienstleistungstätigkeiten im Reinigungsbereich geschlossen. Der Kläger wurde von der Reinigungsfirma im Bereich Facility-Management der Beklagten schwerpunktmäßig mit den Tätigkeiten Wareneingang, Poststelle sowie Hausmeistertätigkeiten eingesetzt.
Eine schriftliche Vereinbarung hierüber wurde zunächst nicht getroffen; erst im November 2010 erfolgte eine schriftliche Niederlegung des Leistungsumfangs im Bereich des Facility-Managements zwischen der Reinigungsfirma und der Beklagten. Dem Kläger war ein Arbeitsplatz in einem Büro zur Verfügung gestellt, welches vollständig mit Betriebsmitteln der Beklagten ausgestattet war, z.B. Computer mit Anschluss an das betriebsinterne Netzwerk. Für Botendienste nutzte der Kläger auch Fahrzeuge der Beklagten, obwohl die Reinigungsfirma am Standort eigene Fahrzeuge vorhielt. Von der Beklagten erhielt der Kläger auch Sicherheitsschuhe und eine Windjacke, welche auch anderen Mitarbeitern der Beklagten im Facility-Management überlassen wurde.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht zwischen ihm und der Reinigungsfirma besteht, sondern zwischen ihm und der Beklagten. Die Reinigungsfirma betreibe Arbeitnehmerüberlassung, ohne die dafür vorgeschriebene Erlaubnis zu haben.
Das ArbG gab der Klage statt und stellte fest, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten seit dem 5.8.2008 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem LAG ohne Erfolg. Die Revision zum BAG wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist aufgrund gesetzlicher Fiktion ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, da der Kläger aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages zwischen der Reinigungsfirma und der Beklagten und nicht aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages tätig geworden ist und die Reinigungsfirma die erforderliche Genehmigung für Arbeitnehmerüberlassung nicht hat.
Maßgeblich für die Abgrenzung der Vertragstypen ist der Geschäftsinhalt, der sich sowohl aus den Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben kann. Die Tätigkeit des Klägers war einerseits vom Rahmenvertrag nicht umfasst; andererseits hat der Kläger hinreichende Indizien vorgetragen, dass er in die betriebliche Organisation bei der Beklagten eingegliedert war und deren Weisungen unterlag. Deswegen ist von unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung auszugehen. Der Beklagten ist es demgegenüber im Prozess nicht gelungen, konkret vorzutragen, welche Abreden mit der Reinigungsfirma der Tätigkeit des Klägers zu Grunde lagen.