Zur Verwirkung eines Schmerzensgeldanspruchs bei Mobbing
BAG 11.12.2014, 8 AZR 838/13Der 1958 geborene Kläger arbeitete seit 1990 bei der Firma P. bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen, zuletzt in der Funktion eines Personalfachberaters/Fachberaters Arbeitsrecht in Vollzeit. Im Zwischenzeugnis aus 1998 wurde ihm bescheinigt, dass er "die Aufgaben seiner Position stets zu unserer vollen Zufriedenheit" erfülle. Das wurde ihm auch noch drei Jahre später bestätigt.
Anfang Juni 2006 bekam der Kläger im Zuge einer Umstrukturierung den Beklagten als neuen Vorgesetzten. Einen Monat später teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht mehr in der Abteilung beschäftigt werden solle, er solle sich eine andere Stelle extern suchen. Im Oktober 2006 wurde die Volljuristin D. auf dem Arbeitsplatz des Klägers eingearbeitet. Der Kläger wurde in diesem Zusammenhang räumlich umgesetzt aus einem Büro mit drei bis vier Arbeitsplätzen in ein Einzelbüro. In der Folgezeit wurde der Kläger zwei Mal vom Beklagten abgemahnt. Hiergegen wehrte sich der Kläger gerichtlich. Im Berufungsverfahren einigten sich die Parteien darauf, beide Abmahnungen als gegenstandslos zu betrachten.
Im Jahr 2007 war der Kläger wegen eines chronischen Überlastungssyndroms und Depression erstmals arbeitsunfähig krankgeschrieben. Er war 2007 an 52 Tagen, 2008 an 216 Tagen und 2009 durchgängig bis August arbeitsunfähig. Der Kläger war der Ansicht, der Beklagte habe ihn gemobbt und dadurch erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten bei ihm ausgelöst. Er wertete die Vorfälle in den Jahren 2006 bis 2008 als Isolierung, Herabwürdigung und Schikane. Mit seiner Klage, die Ende Dezember 2010 bei Gericht einging, forderte er vom Beklagten mindestens 10.000 € Schmerzensgeld wegen Verletzung der Gesundheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes.
ArbG und LAG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hon das BAG das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
Die Gründe:
Zu Unrecht hatte das LAG einen möglichen Schmerzensgeldanspruch allein wegen Verwirkung abgelehnt. Eine Verwirkung, die nur unter ganz besonderen Umständen zu bejahen ist, schied hier nämlich aus.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein bloßes Zuwarten nicht als "treuwidrig" anzusehen. Denn ein Unterlassen begründet nur dann ein Umstandsmoment, wenn aufgrund zusätzlicher besonderer Umstände eine Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung besteht. In der vorzunehmenden Gesamtabwägung darf dabei nicht auf eventuelle Beweisschwierigkeiten auf Seiten des Anspruchsgegners abgestellt werden.
Das durch Richterrecht geschaffene Institut der Verwirkung darf in seiner Anwendung nicht dazu führen, dass die gesetzliche Verjährung unterlaufen wird. Das LAG wird deshalb im weiteren Verfahren zu prüfen haben, ob tatsächlich ein Mobbinggeschehen festzustellen ist.
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