Zustimmungsersetzungsverfahren und Eingruppierung
Thüringer LAG v. 24.10.2023 - 1 TaBV 25/21
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um die Eingruppierung einer Assistenz des Betriebsrats im Wege des Zustimmungsersetzungsverfahrens. Der bei der Beteiligten zu 1) gewählte Betriebsrat besteht aus elf Mitgliedern. Die einzugruppierende Mitarbeiterin B wurde als "Assistenz des Betriebsrats" auf der Grundlage einer Stellenausschreibung von Februar 2021 eingestellt. Hauptaufgabe der einzugruppierenden Mitarbeiterin ist die Organisation des Betriebsratsbüros mit allen damit zusammenhängenden Tätigkeiten einschließlich der Öffentlichkeitsarbeit. Als Anforderungen an die Stelle werden in der Ausschreibung eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung sowie sehr gute Kenntnisse im MS-Office genannt.
Im März 2021 bat die Beteiligte zu 1) den Betriebsrat um Zustimmung zur Einstellung der Mitarbeiterin B sowie um deren Eingruppierung in die Gehaltsgruppe E. Der Betriebsrat stimmte der Einstellung zu, widersprach jedoch der Eingruppierung mit der Begründung, zutreffend sei eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe F. Maßgeblich für die Eingruppierung der Mitarbeiterin ist der Haustarifvertrag. Danach ist Grundlage für das Gehalt der Angestellten die Einteilung der Tätigkeiten in 11 Gehaltsgruppen unter Berücksichtigung der Arbeitsaufgaben. Die Eingruppierung erfolgt nach einem dem Tarifvertrag als Anlage beigefügten Schema "Anforderungsprofil zur Entgeltfindung bei Angestellten". Die Eingruppierung erfolgt anhand eines Punktesystems, bei dem zwischen sechs und 100 Punkte u.a. für die Kriterien "erforderliches Fachwissen", "erforderliche Berufserfahrung" sowie für weitere Kompetenzen wie Mitarbeiterführung oder Aufgabenkomplexität vergeben werden können.
Die Beteiligte zu 1) bewertete die Stelle der Assistenz des Betriebsrats unter Verwendung der Anlage "Anforderungsprofil zur Entgeltfindung bei Angestellten" mit einem Punktwert von 44 und ordnete die Stelle der Entgeltgruppe E zu. Der Betriebsrat fasst bei einer Betriebsratssitzung zum Thema "Einstellungen B" mit neun Ja-Stimmen einen Beschluss "Einstellung dafür und Widerspruch Eingruppierung". Erstinstanzlich begehrte die Beteiligte zu 1) die Feststellung, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin B in die Gehaltsgruppe E als erteilt gilt. Hilfsweise begehrte sie Zustimmungsersetzung zur Eingruppierung in die Gehaltsgruppe E.
Das ArbG gab dem Antrag statt und stellte fest, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin B in die Gehaltsgruppe E des Haustarifvertrages als erteilt gelte. Auf die Beschwerde des Betriebsrats änderte das LAG den Beschluss des ArbG ab und ersetzte unter Abweisung des Antrags im Übrigen die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin B in die Gehaltsgruppe E des Haustarifvertrags der Beteiligten zu 1).
Die Gründe:
Die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin B in die Gehaltsgruppe E des Haustarifvertrags gilt nicht als erteilt. Die im März 2021 erfolgte Zustimmungsverweigerung ist als ordnungsgemäß anzusehen. Sie erfolgte binnen Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und war entgegen der Auffassung des ArbG auch von einem wirksamen Betriebsratsbeschluss gedeckt. Zudem erfüllt das Verweigerungsschreiben die sonstigen Formerfordernisse.
Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung einstimmig den Punkt "Einstellung dafür und Widerspruch Eingruppierung" beschlossen. Dies ergibt sich aus dem zur Akte gereichten Protokoll über die Sitzung. Der Betriebsrat war auch beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG, da von seinen elf Mitgliedern neun Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder in der Sitzung zugegen waren. Nach Aktenlage hat der Betriebsratsvorsitzende auch gem. § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG sämtliche Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung geladen.
In der Sitzung wurde die Tagesordnung ordnungsgemäß ergänzt, so dass es dem Betriebsrat nicht verwehrt war, zur Eingruppierung von B einen Beschluss zu fassen. Eine mangels Übermittlung der Tagesordnung verfahrensfehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats in der Betriebsratssitzung geheilt werden, wenn der Betriebsrat beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Nicht erforderlich ist, dass an dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder teilnehmen. Hierbei ist es nicht erforderlich, über die Ergänzung der Tagesordnung getrennt abzustimmen. Vielmehr ist es ausreichend, dass niemand der Beschlussfassung über den neuen Tagesordnungspunkt widerspricht.
So liegt der Fall hier. Zwar ist eine eigenständige Beschlussfassung über die Ergänzung der Tagesordnung mit Blick auf B betreffenden Punkte nicht feststellbar. Dem Sitzungsprotokoll ist eine solche Beschlussfassung nicht zu entnehmen. Der Betriebsrat hat hierzu zwar Vortrag gehalten. Die Behauptungen dazu wurden jedoch von der Beteiligten zu 1) bestritten. Wie oben aufgezeigt, ist eine ausdrückliche Beschlussfassung jedoch nicht erforderlich. Es reicht, wenn kein anwesendes Betriebsratsmitglied widerspricht. Der Sitzungsniederschrift lässt sich nicht entnehmen, dass eines der anwesenden Betriebsratsmitglieder der Aufnahme der Angelegenheit B widersprochen hätte. Im Gegenteil spricht die einstimmige Beschlussfassung zu den Punkten Einstellung und Eingruppierung von B dagegen, dass einer der Anwesenden mit der Beschlussfassung über diesen Tagesordnungspunkt in Ergänzung der Tagesordnung nicht einverstanden gewesen wäre.
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Die Beteiligten streiten um die Eingruppierung einer Assistenz des Betriebsrats im Wege des Zustimmungsersetzungsverfahrens. Der bei der Beteiligten zu 1) gewählte Betriebsrat besteht aus elf Mitgliedern. Die einzugruppierende Mitarbeiterin B wurde als "Assistenz des Betriebsrats" auf der Grundlage einer Stellenausschreibung von Februar 2021 eingestellt. Hauptaufgabe der einzugruppierenden Mitarbeiterin ist die Organisation des Betriebsratsbüros mit allen damit zusammenhängenden Tätigkeiten einschließlich der Öffentlichkeitsarbeit. Als Anforderungen an die Stelle werden in der Ausschreibung eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung sowie sehr gute Kenntnisse im MS-Office genannt.
Im März 2021 bat die Beteiligte zu 1) den Betriebsrat um Zustimmung zur Einstellung der Mitarbeiterin B sowie um deren Eingruppierung in die Gehaltsgruppe E. Der Betriebsrat stimmte der Einstellung zu, widersprach jedoch der Eingruppierung mit der Begründung, zutreffend sei eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe F. Maßgeblich für die Eingruppierung der Mitarbeiterin ist der Haustarifvertrag. Danach ist Grundlage für das Gehalt der Angestellten die Einteilung der Tätigkeiten in 11 Gehaltsgruppen unter Berücksichtigung der Arbeitsaufgaben. Die Eingruppierung erfolgt nach einem dem Tarifvertrag als Anlage beigefügten Schema "Anforderungsprofil zur Entgeltfindung bei Angestellten". Die Eingruppierung erfolgt anhand eines Punktesystems, bei dem zwischen sechs und 100 Punkte u.a. für die Kriterien "erforderliches Fachwissen", "erforderliche Berufserfahrung" sowie für weitere Kompetenzen wie Mitarbeiterführung oder Aufgabenkomplexität vergeben werden können.
Die Beteiligte zu 1) bewertete die Stelle der Assistenz des Betriebsrats unter Verwendung der Anlage "Anforderungsprofil zur Entgeltfindung bei Angestellten" mit einem Punktwert von 44 und ordnete die Stelle der Entgeltgruppe E zu. Der Betriebsrat fasst bei einer Betriebsratssitzung zum Thema "Einstellungen B" mit neun Ja-Stimmen einen Beschluss "Einstellung dafür und Widerspruch Eingruppierung". Erstinstanzlich begehrte die Beteiligte zu 1) die Feststellung, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin B in die Gehaltsgruppe E als erteilt gilt. Hilfsweise begehrte sie Zustimmungsersetzung zur Eingruppierung in die Gehaltsgruppe E.
Das ArbG gab dem Antrag statt und stellte fest, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin B in die Gehaltsgruppe E des Haustarifvertrages als erteilt gelte. Auf die Beschwerde des Betriebsrats änderte das LAG den Beschluss des ArbG ab und ersetzte unter Abweisung des Antrags im Übrigen die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin B in die Gehaltsgruppe E des Haustarifvertrags der Beteiligten zu 1).
Die Gründe:
Die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin B in die Gehaltsgruppe E des Haustarifvertrags gilt nicht als erteilt. Die im März 2021 erfolgte Zustimmungsverweigerung ist als ordnungsgemäß anzusehen. Sie erfolgte binnen Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und war entgegen der Auffassung des ArbG auch von einem wirksamen Betriebsratsbeschluss gedeckt. Zudem erfüllt das Verweigerungsschreiben die sonstigen Formerfordernisse.
Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung einstimmig den Punkt "Einstellung dafür und Widerspruch Eingruppierung" beschlossen. Dies ergibt sich aus dem zur Akte gereichten Protokoll über die Sitzung. Der Betriebsrat war auch beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG, da von seinen elf Mitgliedern neun Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder in der Sitzung zugegen waren. Nach Aktenlage hat der Betriebsratsvorsitzende auch gem. § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG sämtliche Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung geladen.
In der Sitzung wurde die Tagesordnung ordnungsgemäß ergänzt, so dass es dem Betriebsrat nicht verwehrt war, zur Eingruppierung von B einen Beschluss zu fassen. Eine mangels Übermittlung der Tagesordnung verfahrensfehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats in der Betriebsratssitzung geheilt werden, wenn der Betriebsrat beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Nicht erforderlich ist, dass an dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder teilnehmen. Hierbei ist es nicht erforderlich, über die Ergänzung der Tagesordnung getrennt abzustimmen. Vielmehr ist es ausreichend, dass niemand der Beschlussfassung über den neuen Tagesordnungspunkt widerspricht.
So liegt der Fall hier. Zwar ist eine eigenständige Beschlussfassung über die Ergänzung der Tagesordnung mit Blick auf B betreffenden Punkte nicht feststellbar. Dem Sitzungsprotokoll ist eine solche Beschlussfassung nicht zu entnehmen. Der Betriebsrat hat hierzu zwar Vortrag gehalten. Die Behauptungen dazu wurden jedoch von der Beteiligten zu 1) bestritten. Wie oben aufgezeigt, ist eine ausdrückliche Beschlussfassung jedoch nicht erforderlich. Es reicht, wenn kein anwesendes Betriebsratsmitglied widerspricht. Der Sitzungsniederschrift lässt sich nicht entnehmen, dass eines der anwesenden Betriebsratsmitglieder der Aufnahme der Angelegenheit B widersprochen hätte. Im Gegenteil spricht die einstimmige Beschlussfassung zu den Punkten Einstellung und Eingruppierung von B dagegen, dass einer der Anwesenden mit der Beschlussfassung über diesen Tagesordnungspunkt in Ergänzung der Tagesordnung nicht einverstanden gewesen wäre.
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