25.07.2017

Zwangsvollstreckung erfolgt bei der Verpflichtung zur Ausfüllung und Herausgabe eines Arbeitspapiers einheitlich nach § 888 ZPO

Wird der Schuldner per Titel dazu verpflichtet, ein Arbeitspapier auszufüllen und herauszugeben, erfolgt die Zwangsvollstreckung einheitlich n ach § 888 ZPO. Wird er lediglich zur Herausgabe verpflichtet, erfolgt sie hingegen nach § 883 ZPO. Grundsätzlich ist der Gläubiger dazu verpflichtet, das Arbeitszeugnis abzuholen. Der Schuldner hat ihn jedoch aus Gründen der Fürsorgepflicht darüber in Kenntnis zu setzen, wann es abholbereit ist.

LAG Hessen 19.6.2017, 10 Ta 172/17
Der Sachverhalt:
Die Parteien haben letztendlich über die Erteilung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III und über die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens gestritten. Sie hatten am 7.11.2016 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt a.M. in der Rechtssache 11 Ca 6497/16 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen nach dem sich der Arbeitgeber dazu verpflichtet hatte, dem Arbeitnehmer eine Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III auszufüllen und herauszugeben sowie ihm ein qualifiziertes Zeugnis zu erstellen.

Die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs ist erteilt und dem Gläubiger zugestellt worden. Nachdem der Schuldner seinen Verpflichtungen aus dem Vergleich nicht nachgekommen war, beantragte der Arbeitnehmer, die Festsetzung eines Zwangsgelds nach § 888 ZPO. Das Arbeitsgericht verhängte daraufhin ein Zwangsgeld i.H.v. 1.770 € zu Erzwingung der Verpflichtungen. Der Schuldner legte hiergegen sofortige Beschwerde ein. Nach dem der Schuldner zumindest das Zeugnis übermittelt hatte, erklärten die beiden Parteien das Verfahren diesbezüglich übereinstimmend für erledigt. Dem Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeld nach § 888ZPO zur Erzwingung der Herausgabe der Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III wurde stattgegeben.

Die Gründe:
Der Antrag nach § 888 ZPO auf Festsetzung eines Zwangsgelds zur Erzwingung der Herausgabe nach § 312 SGB III ist begründet. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor. Die Regelung des Vergleichs ist auch bezüglich der Herausgabe der Arbeitsbescheinigung hinreichend bestimmt.

Der Antrag nach § 888 ZPO ist statthaft. Es handelt sich bei der Verpflichtung zur Ausfüllung der Arbeitsbescheinigung um eine unvertretbare Handlung gem. § 888 ZPO. Enthält die Verpflichtung sowohl die Ausfüllung als auch die Herausgabe der Arbeitsbescheinigung, ist die Zwangsvollstreckung einheitlich nach § 888 ZPO vorzunehmen. Etwas anderes gilt, wenn der Streit lediglich um die Herausgabe geht. Dann erfolgt die Zwangsvollstreckung nach § 883 ZPO.

Im vorliegenden Fall hat die Zwangsvollstreckung   insgesamt nach § 888 ZPO zu erfolgen. Beiden Verpflichtungen waren seitens des Schuldners noch nachzukommen. Der Beschluss des Arbeitsgerichts war bezüglich der Höhe des Zwangsgelds jedoch aufzuheben und zu ändern, da er sich auch noch auf die Erteilung des Zeugnisses bezog, welches aber mittlerweile übersandt und damit für erledigt erklärt  worden war.

Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens hat der Schuldner zu tragen. Erst nach Rechtshängigkeit hatte der Schuldner das Zeugnis übersandt. Der Gläubiger hatte zuvor nach dem Zeugnis schriftlich mehrere Male gefragt, ohne dass der Schuldner darauf reagiert hat. Der Schuldner kann daher nicht darauf verweisen, dass es sich bei dem Zeugnis grundsätzlich um eine Holschuld handelt. Dem Arbeitnehmer ist es nicht zuzumuten, "auf gut Glück" beim Arbeitgeber persönlich vorbeizugehen, um das Zeugnis abzuholen, ohne zu wissen, ob das Zeugnis fertig ist. Der Arbeitgeber ist vielmehr aus, der aus dem Arbeitsverhältnis, nachwirkenden Fürsorgepflicht dazu angehalten, den Arbeitnehmer in Kenntnis darüber zu setzen, wann das Zeugnis abholbereit ist.

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