27.06.2017

Kapitalabfindungen der NATO dürfen auf die Ruhestandsbezüge von Bundeswehrangehörigen angerechnet werden

Die Anrechnung von Kapitalabfindungen, die im Zusammenhang mit einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung ausgezahlt wurden, auf das den Bundeswehrangehörigen nach deutschen Versorgungsbezügen zustehende Ruhegehalt ist verfassungsrechtlich zulässig.

BVerfG 23.5.2017, 2 BvL 10/11, 2 BvL 28/14
Der Sachverhalt:
Zwei Bundeswehrangehörige waren für den Dienst in Einrichtungen der NATO beurlaubt worden. Sie erhielten am Ende ihrer Dienstzeit dort zusätzlich zu ihren laufenden Bezügen eine Kapitalabfindung zur Altersversorgung. Aufgrund des Bezugs dieser Kapitalabfindung wurde ein Teilbetrag der deutschen Versorgungsbezüge der Bundeswehrangehörigen nach Eintritt in den Ruhestand dauerhaft zum Ruhen gebracht.

Rechtsgrundlage hierfür war das Gesetz über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr (SVG). Dieses enthält Ruhensvorschriften, die für das Zusammentreffen des Ruhegehalts mit anderen Versorgungsbezügen aus zwischenstattlicher und überstaatlicher Verwendung gelten (§ 55b SVG). Auch einmalige Zahlungen in Form von Kapitalabfindungen können danach zur Anwendung der Ruhensvorschriften führen.

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz und das Verwaltungsgericht München haben die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift in Bezug auf die Auswirkungen von Kapitalabfindungen auf Ruhestandsbezüge dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Dieses wies die Vorlage des Verwaltungsgerichts München als unzulässig und die des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz als unbegründet zurück.

Die Gründe:
§ 55b Abs. 3 Satz 1 SVG ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Norm verletzt nicht den Grundsatz der amtsangemessenen lebenslangen Vollversorgung.

Für die Bemessung der Ruhestandsbezüge sind als hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums das Alimentationsprinzip und das Leistungsprinzip bedeutend. Bei der praktischen Umsetzung der Pflicht zur leistungsbezogenen angemessenen Vergütung hat der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum. Einen spezifischen hergebrachten Grundsatz, der die Ruhegehaltfähigkeit von Zeiten im Dienste einer ausländischen Einrichtung anordnet oder untersagt gibt es nicht. Ebenso wenig existieren Grundsätze über Kapitalabfindungen, die von ausländischen Einrichtungen gezahlt werden.

Das Soldatenversorgungsrecht stuft Zeiten im öffentlichen Dienst einer ausländischen Einrichtung als ruhegehaltfähig ein. Diese Einbeziehung der Auslandsdienstzeiten in die ruhegehaltfähige Dienstzeit führt zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die künftigen Ruhestandsbezüge und somit zu einer höheren Zahlung durch den deutschen Dienstherrn. Um die dadurch entstehende Überversorgung durch doppelte Berücksichtigung von Auslandszeiten zu verhindern, findet mit der Ruhensanordnung ein Ausgleich statt, wenn die Auslandsdienstzeit zu einem eigenen Anspruch auf Versorgungsleistung durch die ausländische Einrichtung geführt hat.

Dies ist nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht zu beanstanden, denn im Rahmen seines Gestaltungsspielraum darf der Gesetzgeber durch Ruhensvorschriften das Ziel verfolgen, eine Überversorgung durch doppelte Anrechnung zu vermeiden.

Linkhinweis:
Für die auf den Webseiten des Bundesverfassungsgerichts veröffentliche Pressemitteilung klicken Siehier.
Den Volltext der Entscheidung können Sie hier nachlesen.

BVerfG PM Nr. 48/2017 vom 22.6.2017
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