Abgrenzung Lieferung und sonstige Leistung bei der Abgabe von Speisen
Kurzbesprechung
BFH v. 26.8.2021 - V R 42/20
UStG § 3 Abs 1, § 3 Abs 9, § 12 Abs 1, § 12 Abs 2
EGRL 112/2006 Art 14 Abs 1, Art 24 Abs 1
EUV 282/2011 Art 6,
AEUV Art 267
FGO § 74, § 139 Abs 3 S 3
Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Sonstige Leistungen sind nach § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind.
Die Abgabe von Speisen kann sowohl im Rahmen einer Lieferung als auch als sonstige Leistung erfolgen. Bei der Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung ist abzustellen auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist die qualitative und nicht nur die quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung zu bestimmen.
Soweit für den Verzehr Mobiliar wie Sitz- und Tischeinrichtungen zur Verfügung steht, ist zu berücksichtigen, dass das bloße Vorhandensein von Mobiliar, das nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern, nicht als Dienstleistungselement angesehen werden kann, das geeignet wäre, dem Umsatz insgesamt die Eigenschaft einer Dienstleistung zu verleihen. Es sind nur die Verzehrvorrichtungen zu berücksichtigen, die vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt werden, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern.
Im Streitfall hatte das FG zutreffend entschieden, dass die Nutzung eines Food-Courts in einem Einkaufszentrum beim Verzehr von Speisen als überwiegendes Dienstleistungselement zum Vorliegen einer sonstigen Leistung führen kann, wenn die Einräumung dieser Nutzungsmöglichkeit dem Speisenanbieter zuzurechnen ist. Der Berücksichtigung der Sitzmöglichkeit an Tischen in einem Food-Court steht auch nicht entgegen, dass es an einer gastronomischen Bedienung durch Personal wie etwa durch Kellner fehlt und die Nutzer die von ihnen erworbenen Speisen selbst von der Abgabestelle dorthin tragen. Denn dies unterscheidet sich nicht von der ebenso zu einer sonstigen Leistung führenden Bewirtungssituation in einer Kantine.
Im Streitfall musste sich die Steuerpflichtige die durch die Nutzung des Food-Courts ergebenden Dienstleistungselemente auch zurechnen lassen.
Gleichwohl wies der BFH den Streitfall an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurück. Im Streitfall hatte das FG bei der Abgrenzung zwischen der --unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. der Anlage 2 zum UStG-- steuersatzbegünstigten Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) und der --gemäß § 12 Abs. 1 UStG-- dem Regelsteuersatz unterliegenden sonstigen Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG) die maßgebliche Sichtweise des Durchschnittsverbrauchers nicht hinreichend beachtet und damit diese Vorschriften verletzt.
Das FG muss daher aufgrund der noch zu treffenden Feststellungen bei seiner Entscheidung im zweiten Rechtsgang berücksichtigen, dass die für die Kunden der Steuerpflichtigen bestehende Möglichkeit, die von der Steuerpflichtigen erworbenen Speisen auf einem Tablett zum Food-Court mitzunehmen, dieses dort nach dem Speisenverzehr abzugeben oder zurückzulassen, sodass es nach dessen Reinigung in einer Spülküche für die Klägerin wieder zum Einsatz kam, aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers ein eindeutiger Beleg dafür ist, dass die Steuerpflichtige daran mitwirkte, den Kunden die Möglichkeit zur Nutzung des Food-Courts einzuräumen. Dabei können im Rahmen einer Gesamtwürdigung für das Vorliegen ausreichender unterstützender Dienstleistungen der Steuerpflichtigen indiziell auch deren Zahlungen (im Innenverhältnis zum Betreiber des Einkaufszentrums) für die Nutzung des Food-Courts, bezogen auf eine Spülküche und das Betriebspersonal für den Food-Court, zu berücksichtigen sein. Diese lassen es zudem als möglich erscheinen, dass die dort unter vereinbarte monatliche "Nebenkostenvorauszahlung Foodcourt" der Höhe nach die Grundmiete erreichte oder sogar überstieg. Es ist dann vom Vorliegen sonstiger Leistungen auszugehen, wobei unterschiedliche Öffnungszeiten des Food-Courts und der Klägerin nur insoweit von Bedeutung sind, als Speisenabgaben zu Zeiten, zu denen der Food-Court geschlossen ist, nicht zu einer sonstigen Leistung führen können.
Lässt sich demgegenüber die Einräumung einer Nutzungsmöglichkeit am Food-Court durch die Steuerpflichtigen aus Kundensicht bereits dem Grunde nach nicht belegen, muss das FG der Klage stattgeben.
Verlag Dr. Otto Schmidt
UStG § 3 Abs 1, § 3 Abs 9, § 12 Abs 1, § 12 Abs 2
EGRL 112/2006 Art 14 Abs 1, Art 24 Abs 1
EUV 282/2011 Art 6,
AEUV Art 267
FGO § 74, § 139 Abs 3 S 3
Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Sonstige Leistungen sind nach § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind.
Die Abgabe von Speisen kann sowohl im Rahmen einer Lieferung als auch als sonstige Leistung erfolgen. Bei der Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung ist abzustellen auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist die qualitative und nicht nur die quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung zu bestimmen.
Soweit für den Verzehr Mobiliar wie Sitz- und Tischeinrichtungen zur Verfügung steht, ist zu berücksichtigen, dass das bloße Vorhandensein von Mobiliar, das nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern, nicht als Dienstleistungselement angesehen werden kann, das geeignet wäre, dem Umsatz insgesamt die Eigenschaft einer Dienstleistung zu verleihen. Es sind nur die Verzehrvorrichtungen zu berücksichtigen, die vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt werden, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern.
Im Streitfall hatte das FG zutreffend entschieden, dass die Nutzung eines Food-Courts in einem Einkaufszentrum beim Verzehr von Speisen als überwiegendes Dienstleistungselement zum Vorliegen einer sonstigen Leistung führen kann, wenn die Einräumung dieser Nutzungsmöglichkeit dem Speisenanbieter zuzurechnen ist. Der Berücksichtigung der Sitzmöglichkeit an Tischen in einem Food-Court steht auch nicht entgegen, dass es an einer gastronomischen Bedienung durch Personal wie etwa durch Kellner fehlt und die Nutzer die von ihnen erworbenen Speisen selbst von der Abgabestelle dorthin tragen. Denn dies unterscheidet sich nicht von der ebenso zu einer sonstigen Leistung führenden Bewirtungssituation in einer Kantine.
Im Streitfall musste sich die Steuerpflichtige die durch die Nutzung des Food-Courts ergebenden Dienstleistungselemente auch zurechnen lassen.
Gleichwohl wies der BFH den Streitfall an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurück. Im Streitfall hatte das FG bei der Abgrenzung zwischen der --unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. der Anlage 2 zum UStG-- steuersatzbegünstigten Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) und der --gemäß § 12 Abs. 1 UStG-- dem Regelsteuersatz unterliegenden sonstigen Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG) die maßgebliche Sichtweise des Durchschnittsverbrauchers nicht hinreichend beachtet und damit diese Vorschriften verletzt.
Das FG muss daher aufgrund der noch zu treffenden Feststellungen bei seiner Entscheidung im zweiten Rechtsgang berücksichtigen, dass die für die Kunden der Steuerpflichtigen bestehende Möglichkeit, die von der Steuerpflichtigen erworbenen Speisen auf einem Tablett zum Food-Court mitzunehmen, dieses dort nach dem Speisenverzehr abzugeben oder zurückzulassen, sodass es nach dessen Reinigung in einer Spülküche für die Klägerin wieder zum Einsatz kam, aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers ein eindeutiger Beleg dafür ist, dass die Steuerpflichtige daran mitwirkte, den Kunden die Möglichkeit zur Nutzung des Food-Courts einzuräumen. Dabei können im Rahmen einer Gesamtwürdigung für das Vorliegen ausreichender unterstützender Dienstleistungen der Steuerpflichtigen indiziell auch deren Zahlungen (im Innenverhältnis zum Betreiber des Einkaufszentrums) für die Nutzung des Food-Courts, bezogen auf eine Spülküche und das Betriebspersonal für den Food-Court, zu berücksichtigen sein. Diese lassen es zudem als möglich erscheinen, dass die dort unter vereinbarte monatliche "Nebenkostenvorauszahlung Foodcourt" der Höhe nach die Grundmiete erreichte oder sogar überstieg. Es ist dann vom Vorliegen sonstiger Leistungen auszugehen, wobei unterschiedliche Öffnungszeiten des Food-Courts und der Klägerin nur insoweit von Bedeutung sind, als Speisenabgaben zu Zeiten, zu denen der Food-Court geschlossen ist, nicht zu einer sonstigen Leistung führen können.
Lässt sich demgegenüber die Einräumung einer Nutzungsmöglichkeit am Food-Court durch die Steuerpflichtigen aus Kundensicht bereits dem Grunde nach nicht belegen, muss das FG der Klage stattgeben.