16.10.2019

Ablaufhemmung bei Einreichung eines Antrags auf Stromsteuerentlastung bei örtlich unzuständigem Hauptzollamt?

Die Regelung des § 23 Abs. 1 AO ist wegen der Sonderregelung in § 1 StromStV nicht anwendbar, § 17 AO. Die Antragstellung bei einem anderen Hauptzollamt führt nicht zu einer Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach §§ 155 Abs. 4, 171 Abs. 3 AO, denn dazu muss der Antrag bei der zuständigen Finanzbehörde eingegangen sein.

FG Düsseldorf v. 10.7.2019 - 4 K 380/18 VSt
Der Sachverhalt:
Die insoweit steuerlich vertretene Klägerin hatte dem Hauptzollamt (HZA) mit Telefax vom 28.12.2016 um 17:38 Uhr einen Antrag auf Steuerentlastung nach § 12a StromStV für das Jahr 2015 auf dem amtlichen Vordruck zugesandt. Darauf brachte das HZA am selben Tag einen Eingangsstempel an. Auf die Anfrage des HZA, von welchem Ort der maßgebliche Wille ihres Unternehmens gebildet werde, teilte die Klägerin mit, dies sei X. Daraufhin übersandte das HZA den Entlastungsantrag der entsprechenden Behörde in X.

Diese lehnte den Entlastungsantrag mit Bescheid vom 22.9.2017 ab, da dieser spätestens bis zum 31.12.2016 bei ihr als dem zuständigen Hauptzollamt hätte gestellt werden müssen. Nach § 1 StromStV sei jeweils das Hauptzollamt örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus das Unternehmen betrieben werde. Die Klägerin werde nach ihren Angaben von X aus betrieben. Bei ihm sei der Antrag jedoch erst am 11.5.2017 eingegangen.

Die Klägerin war der Ansicht, nach § 23 Abs. 1 AO sei für Verbrauchsteuern das Hauptzollamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Tatbestand verwirklicht werde, an den das Gesetz die Steuer knüpfe. Dieser werde bei ihr im Bezirk des HZA verwirklicht. Nach § 23 Abs. 2 AO sei ferner das Hauptzollamt örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Steuerpflichtige sein Unternehmen betreibe. Beide Vorschriften schlössen einander nicht aus. Zuständig sei daher das HZA. Dass der Beklagte den Antrag bearbeite, sei eine behördeninterne Regelung, die dem fristgerecht eingebrachten Antrag nicht widerspreche.

Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Der nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG im Jahr 2015 entstandene Entlastungsanspruch der Klägerin kann ihr nicht mehr gewährt werden, weil im Zeitpunkt der Antragstellung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Auf die Festsetzung einer Steuervergütung finden nach § 155 Abs. 4 AO (seit 2017: § 155 Abs. 5 AO in der Fassung von Art. 1 Nr. 27, Art. 23 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016) die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäß Anwendung. Für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen beträgt die Festsetzungsfrist ein Jahr, wobei die Frist nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs beginnt, in dem die Steuer entstanden ist.

Insoweit ist auch nicht die abweichende Regelung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 AO anzuwenden, weil es in das Belieben des Entlastungsberechtigten gestellt ist, ob er die Steuerbegünstigung in Anspruch nehmen will, und er somit zur Abgabe einer Steueranmeldung nicht verpflichtet ist. Demnach begann die Festsetzungsfrist für den 2015 entstandenen und nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG geltend gemachten Vergütungsanspruch mit Ablauf des Jahres 2015 und endete mit Ablauf des Jahres 2016. Innerhalb des Jahres 2016 hatte die Klägerin entgegen § 12a Abs. 3 Satz 1 StromStV ihren Entlastungsantrag nach § 12a StromStV nicht bis zum 31.12.2016 bei dem zuständigen HZA abgegeben.

Zuständiges HZA ist nach § 1 Satz 1 StromStV dasjenige HZA, in dessen Bezirk die Klägerin ihr Unternehmen betreibt. Hierbei war die beklagte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass es dabei auf den Ort ankommt, an dem der jeweilige Steuerpflichtige seinen Willen bildet, sich mithin seine Betriebsleitung befindet. Die Regelung des § 23 Abs. 1 AO ist wegen der Sonderregelung in § 1 StromStV nicht anwendbar, § 17 AO. Die Antragstellung bei einem anderen Hauptzollamt führt nicht zu einer Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach §§ 155 Abs. 4, 171 Abs. 3 AO, denn dazu muss der Antrag bei der zuständigen Finanzbehörde eingegangen sein.

Aus dem Urteil des FG Köln vom 23.5.2017, 1 K 1637/14 (Revision unter VI R 37/17 anhängig) ergibt sich nichts anderes, weil das FG Köln nur insoweit von der BFH-Rechtsprechung abweichen will, als ein nicht steuerlich beratener Bürger meint, auch der Einwurf bei einem anderen als dem örtlich zuständigen Finanzamt derselben Stadt wahre die Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO. Nach Auffassung des FG Köln kommt es nur dann auf den Eingang bei der zuständigen Finanzbehörde an, wenn dies im Gesetz ausdrücklich verlangt sei.

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