30.04.2020

Abzug von Schuldzinsen bei Herstellung und anschließender teilweiser Veräußerung eines Mehrfamilienhauses

Die anteilige Zuordnung von Darlehen zu den Herstellungskosten eines Gebäudes, das teilweise vermietet und teilweise veräußert werden soll, ist nach denjenigen Kriterien zu beurteilen, die die Rechtsprechung zu anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden entwickelt hat. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und den Herstellungskosten eines künftig der Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung dienenden Gebäudeteils liegt in diesen Fällen nur vor, wenn die Herstellungskosten des später vermieteten Gebäudeteils sowie diejenigen des später veräußerten Gebäudeteils getrennt ermittelt und entsprechend ausgewiesen werden und der Steuerpflichtige sodann mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich jene Aufwendungen begleicht, die der Herstellung des zur Vermietung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.

Kurzbesprechung
BFH v. 4.2.2020 - IX R 1/18

EStG § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1

Streitig war, in welchem Umfang die Steuerpflichtigen Schuldzinsen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus der Vermietung von zwei Wohnungen geltend machen können.

Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften (etwa aus Vermietung und Verpachtung), sondern anteilig auch der (nicht steuerbaren) Selbstnutzung, und werden die Darlehensmittel lediglich teilweise zur Einkünfteerzielung verwandt, so sind die für den Kredit entrichteten Zinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar. In vollem Umfang sind sie nur dann zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige ein Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil zuordnet, indem er mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich die Aufwendungen begleicht, die der Herstellung dieses Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.

Ein wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und den gesondert zugerechneten Herstellungskosten ist bei anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden mithin nur dann zu bejahen, wenn die Herstellungskosten tatsächlich mit den dafür aufgenommenen Darlehensmitteln bezahlt worden sind. Demgegenüber kommt eine gesonderte Zuordnung von Darlehen zu den Herstellungskosten eines später fremdvermieteten Teils nicht in Betracht, wenn der Steuerpflichtige die Kosten der Errichtung des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet hat, ohne die auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Herstellungskosten gesondert auszuweisen und zu bezahlen.

Diese zu anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind entsprechend anzuwenden auf die gesonderte Zuordnung von Darlehen zu den (anteiligen) Herstellungskosten eines Gebäudes, das --wie im Streitfall-- teilweise dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie teilweise dem Erzielen von sonstigen Einkünften dient (im Streitfall ergab sich ein mit anderen Einkünften nicht ausgleichsfähiger Verlust aus § 23 EStG durch die Veräußerung einer Wohnung). In vollem Umfang bei einer Einkunftsart --hier bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung-- sind die Darlehenszinsen nur dann zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige das Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung dem der Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung dienenden Gebäudeteil zugeordnet hat. Vor diesem Hintergrund ist die anteilige Zuordnung von Darlehen zu den Herstellungskosten eines Gebäudes, das einerseits dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und andererseits auch dem Erzielen von sonstigen Einkünften dient, nach denselben Kriterien zu beurteilen, die der BFH zu anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden entwickelt hat.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und den Herstellungskosten eines der Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung dienenden Gebäudeteils liegt daher nur dann vor, wenn die Herstellungskosten des später vermieteten Gebäudeteils sowie diejenigen des später veräußerten Gebäudeteils getrennt ermittelt und entsprechend ausgewiesen werden und der Steuerpflichtige sodann mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich (nur) jene Aufwendungen begleicht, die der Herstellung des zur Vermietung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.

Werden die als Darlehen empfangenen Mittel demgegenüber zusammen mit zur Herstellung des Immobilienobjekts benötigten weiteren Eigenmitteln des Steuerpflichtigen sowie dem vom Erwerber des später veräußerten Gebäudeteils geleisteten Kaufpreis --welcher im Zeitpunkt der Einzahlung dem Grunde nach ebenfalls zu Eigenmitteln des Steuerpflichtigen wird-- auf einem einheitlichen ("Bau"-)Konto vorgehalten, tritt eine Vermischung von Darlehensmitteln mit Eigenmitteln des Steuerpflichtigen ein, welche eine gezielte Zuordnung des Darlehens zu dem zur späteren Fremdvermietung bestimmten Gebäudeteil ausschließt. Werden von den auf dem einheitlichen Baukonto vorgehaltenen Darlehens- und Eigenmitteln sodann die Herstellungskosten des gesamten Gebäudes einheitlich beglichen, fehlt es --jenseits der bereits eingetretenen Vermischung von Finanzierungsmitteln unterschiedlicher Herkunft auf dem Baukonto-- überdies an der erforderlichen objektbezogenen Aufteilung der Kosten und Zahlung entsprechend der Darlehenszuordnung.

Da die Darlehensmittel im Streitfall lediglich teilweise zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet worden waren, waren die hierfür entrichteten Zinsen auch nur anteilig bei diesen Einkünften als Werbungskosten abziehbar. Aufteilungsmaßstab bildete im Streitfall unter Berücksichtigung der auf die jeweiligen Wohnungen entfallenden Miteigentumsanteile das Verhältnis der jeweiligen Wohn- und Nutzflächen der im Gebäude befindlichen Wohnungen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
Zurück