Alle weiteren am 10.10.2024 veröffentlichten Entscheidungen des BFH
BFH v. 7.8.2024 - IV R 22/23
Rückwirkende Änderung des § 7 Satz 3 GewStG ab dem Erhebungszeitraum 2009 verfassungsgemäß
Die in § 36 Abs. 3 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.d.F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (WElektroMobFördG) angeordnete rückwirkende Geltung des § 7 Satz 3 GewStG i.d.F. des WElektroMobFördG ab dem Erhebungszeitraum 2009 verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 des GG).
BFH v. 6.8.2024 - VII R 25/21
Einem Unternehmen "dienende" Gegenstände als Voraussetzung für die Haftung des Eigentümers für Steuern des Unternehmens
1. Dem Unternehmen dienende Gegenstände im Sinne von § 74 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung sind solche, die für die Führung des Betriebs und die Erzielung steuerbarer Umsätze von wesentlicher Bedeutung sind.
2. Für das Kriterium der wesentlichen Bedeutung der Gegenstände für die Führung des Betriebs und die Erzielung steuerbarer Umsätze sind keine weiteren Voraussetzungen ‑‑etwa Gewinnerzielung‑‑ oder Anforderungen an die Art der betrieblichen Verwendung der Gegenstände zu verlangen. Vielmehr sind die Gründe für die wesentliche Bedeutung unerheblich.
BFH v. 1.8.2024 - VI R 23/22
Besteuerungsrecht nach DBA-Schweiz 1971/2010 in der Freistellungsphase eines Arbeitsverhältnisses
Während des Zeitraums, in dem ein bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowohl im Ansässigkeitsstaat Bundesrepublik Deutschland als auch in der Schweizerischen Eidgenossenschaft tätiger Arbeitnehmer unwiderruflich von der Pflicht zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freigestellt wird, steht das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zu.
BFH v. 6.8.2024 - VII R 32/22
Erlass eines Duldungsbescheids nach Restschuldbefreiung des Steuerschuldners
1. Ein Duldungsbescheid erledigt sich, wenn die dem Bescheid zugrunde liegenden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch Zahlung eines Dritten erlöschen. Eine gegen den Duldungsbescheid gerichtete Anfechtungsklage ist dann mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
2. Nach der Erledigung besteht ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Duldungsbescheids, wenn eine Rückgewähr der Zahlung des Dritten begehrt wird.
3. Die Pflicht zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nach § 191 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 i.V.m. § 323 der Abgabenordnung entfällt nicht dadurch, dass dem Schuldner die Restschuldbefreiung nach § 300 Abs. 1 der Insolvenzordnung gewährt worden ist.
BFH v. 14.5.2024 - VII R 1/22
Ausnahmen vom Antidumpingzoll auf die Einfuhren bestimmter wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China
1. Ist Art. 14 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 88/97 der Kommission vom 20.01.1997 betreffend die Genehmigung der Befreiung der Einfuhren bestimmter Fahrradteile mit Ursprung in der Volksrepublik China von dem mit der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 eingeführten und mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 des Rates ausgeweiteten Antidumpingzoll ‑‑VO 88/97‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997, Nr. L 17, 17) dahingehend auszulegen, dass diese Befreiung vom ausgeweiteten Antidumpingzoll in derselben Bewilligung einer Endverwendung im Sinne von Art. 254 des Zollkodex der Union mit den anderen Befreiungen nach Art. 14 Buchst. a und/oder b VO 88/97 kombiniert werden darf?
2. Kann Art. 14 Buchst. c VO 88/97 dahingehend ausgelegt werden, dass in der Bewilligung pro Kunde monatlich weniger als 300 Stück eines bestimmten wesentlichen Fahrradteils vom ausgeweiteten Antidumpingzoll befreit werden können?
3. Handelt es sich bei der in Art. 14 Buchst. c VO 88/97 genannten Menge von monatlich weniger als 300 Stück um eine Freigrenze mit der Folge, dass die Befreiung vom ausgeweiteten Antidumpingzoll insgesamt entfällt, wenn eine Partei mehr als 299 Stück monatlich anmeldet oder weiterliefert, oder um eine Freimenge, bei der unabhängig von deren Überschreitung jedenfalls 299 Stück antidumpingzollfrei bleiben?