Änderung des Wahlrechts nach § 34 a EStG nur bis Bestandskraft der Erstveranlagung des Folgejahres möglich
FG Düsseldorf 8.11.2018, 12 K 1250/18 E,FDer Kläger erzielte in den Streitjahren 2008 bis 2011 als Kommanditist Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die das Finanzamt gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO einheitlich und gesondert festgestellt hat. Die für eine begünstigte Besteuerung des nicht entnommenen Gewinns gem. § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen stellte es gem. § 34a Abs. 10 S. 1 EStG gesondert fest. Beide Feststellungen waren gem. § 34 a Abs. 10 S. 3 EStG miteinander verbunden.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen beantragte der Kläger jeweils, Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 34a Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern. Das Finanzamt folgte den Anträgen des Klägers in den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2008 bis 2010. Die bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 2008 bis 2011 wurden jedoch durch Bescheide vom 16.3.2015 gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO geändert, weil geänderte Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der KG ergangen waren. Es erließ zudem Bescheide über die gesonderte Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrages nach § 34 a EStG auf den 31.12.2008, den 31.12.2009, den 31.12.2010 und den 31.12.2011, die inhaltsgleich mit den vorhergehenden Feststellungen waren.
Mit Schreiben vom 30.3.2015 teilte der Kläger dem Finanzamt mit, er nehme die Anträge nach § 34 a EStG für die Jahre 2008 bis 2010 zurück. Die Rücknahmen seien möglich, da gem. § 34a Abs. 1 S. 4 EStG der Antrag bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides für den nachfolgenden Veranlagungszeitraum zurück genommen werden könne. Im Zeitpunkt der Antragsrücknahme für das Jahr 2008 sei der geänderte Steuerbescheid für das Jahr 2009 vom 16.3.2015 noch nicht unanfechtbar gewesen. Entscheidend sei die Anfechtbarkeit dem Grunde nach, auf deren Höhe komme es nicht an. Für die Bescheide der Jahre 2009 und 2010 gelte aufgrund der für die Folgejahre erlassenen Änderungsbescheide vom 16.3.2015 Entsprechendes. Für das Jahr 2011 ergebe sich kein nachversteuerungspflichtiger Betrag mehr. Die Veranlagung sei entsprechend zu ändern.
Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzungen und der Bescheide über die gesonderte Feststellung eines nachversteuerungspflichtigen Betrages ab. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Klage ist abzuweisen, wenn die Antragsrücknahme nur bis zur Bestandskraft der Erstveranlagung des Folgejahres möglich wäre, denn die hier maßgeblichen Steuerfestsetzungen sind sämtlich vor dem 30.3.2015 unanfechtbar geworden.
Ob eine wirksame Antragsrücknahme nur bis zur Unanfechtbarkeit der erstmaligen Festsetzung des Folgejahres möglich ist, oder ob auch die durch eine nachträgliche Änderung des unanfechtbaren Bescheides entstandene, nach § 351 AO eingeschränkte Anfechtbarkeit das Recht zur ganzen oder teilweisen Rücknahme des Antrages nach § 34 a Abs. 1 EStG für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eröffnet, ist streitig. Nach Weitemeyer/Schumacher in K/S/M § 34 a EStG, Rz. B 92; Ratschow in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz: Kommentar, § 34 a EStG Rz. 28 und Ley/Bodden in Korn, Einkommensteuergesetz: Kommentar, § 34 a Rz. 57 soll die eingeschränkte Anfechtbarkeit des Bescheids für das Folgejahr nach Korrekturen genügen, um den Antrag nach § 34 a Abs. 1 EStG für das Vorjahr ganz oder teilweise zurücknehmen zu können.
Nach der Auffassung von Niehus/Wilke in Hermann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz: Kommentar, - H/H/R - § 34 a EStG Rz. 48 kommt hingegen eine Antragsrücknahme nur bis zur Unanfechtbarkeit des Erstbescheides über die Veranlagung der Einkommensteuer für den nachfolgenden Veranlagungszeitraum in Betracht. Die Verwaltung hat diese Frage im Anwendungsschreiben des BMF vom 11.8.2008 (IV C 6 - S 2290 - a /07/10001) ebenso wie weitere Stimmen in der Literatur) offen gelassen. Rechtsprechung zu dieser Frage ist, soweit ersichtlich, bisher nicht ergangen.
Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung von Niehus/Wilke an. Sie entspricht dem Gesetzeswortlaut: Nach § 34 a Abs. 1 S. 4 EStG entfällt das Recht zur Antragsrücknahme mit Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides des Folgejahres, die mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist eintritt. Nachfolgende Änderungsbescheide beseitigen nicht die Unanfechtbarkeit der Erstveranlagung, vielmehr folgt aus § 351 Abs. 1 S. 1 AO, dass nur die Änderung angefochten werden kann, es im Übrigen aber bei der (einmal eingetretenen) Unanfechtbarkeit bleibt. Dass die Antragsrücknahme nur bis zur Bestandskraft der Erstveranlagung des Folgejahres möglich ist, entspricht auch dem vom Gesetz verfolgten Zweck.
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