11.04.2013

Änderung gem. § 10 Abs. 3 StraBEG auch zugunsten des Steuerpflichtigen möglich

Eine gem. § 10 Abs. 2 StraBEG eingetretene Abgabenfestsetzung kann auf Antrag des Steuerpflichtigen grundsätzlich auch zu seinen Gunsten gem. § 10 Abs. 3 StraBEG geändert werden, wenn feststeht, dass die Grundvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG nicht vorliegen und der Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht entgegensteht. Dabei trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 StraBEG nicht vorliegen, sofern er die Änderung einer bereits bestandskräftigen Abgabenfestsetzung erstrebt.

Schleswig-Holsteinisches FG 29.11.2012, 1 K 184/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der Gründer dreier Stiftungen in der Schweiz (X, Y und Z). In der Vergangenheit kam es zu Vermögensverschiebungen zwischen den Stiftungen untereinander sowie zwischen den Stiftungen und dem Kläger, ohne dass der Kläger daraus zunächst schenkungsteuerliche Konsequenzen gezogen hatte. Später gelangte er zu der Ansicht, dass er dies richtigerweise hätte tun müssen und reichte eine Erklärung nach dem StraBEG ein, die sich u.a. auf die genannten Vermögensbewegungen bezog.

Der Kläger errechnete diesbezüglich eine Abgabe nach dem StraBEG i.H.v. ca. 1 Mio. €. Erst Jahre nachdem das Finanzamt vermerkt hatte, dass die Erklärung strafbefreiend wirksam geworden sei, gelangte der Kläger zu der Auffassung, dass im Hinblick auf die Stiftungen sog. unechte Treuhandschaften im Sinne der zwischenzeitlich ergangenen BFH-Rechtsprechung vorgelegen hätten, so dass die Vermögensübertragungen schenkungsteuerlich doch nicht beachtlich gewesen seien. Er beantragte die Änderung der aufgrund seiner Erklärung erfolgten Abgabenfestsetzung nach dem StraBEG, die das Finanzamt allerdings ablehnte.

Im Rahmen des daraufhin angestrengten finanzgerichtlichen Verfahrens wurde in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass im Fall der Stiftung X eine sog. unechte Treuhandschaft i.S.d. o.g. BFH-Rechtsprechung vorgelegen hatte. Hinsichtlich der Stiftungen Y und Z konnte dies nicht abschließend geklärt werden.

Das FG gab der Klage teilweise statt. Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Az. II R 6/13 geführt.

Die Gründe:
Der Klage war stattzugeben, soweit das Bestehen einer unechten Treuhandschaft festgestellt werden konnte. Insoweit steht fest, dass es auf der Grundlage der maßgeblichen BFH-Rechtsprechung zu keinem Zeitpunkt zu einer schenkungsteuerlich relevanten Vermögensübertragung gekommen ist, so dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG insoweit niemals vorgelegen haben. Dementsprechend ist die Erklärung zwar nicht wirksam, es wurde aber dennoch eine Abgabenfestsetzung gem. § 10 Abs. 2 StraBEG bewirkt. Diese ist (erst) gem. § 10 Abs. 3 StraBEG zu korrigieren, weil (in Ermangelung der Verwirklichung eines Straftatbestandes) insoweit keine Straf- oder Bußgeldfreiheit eingetreten ist.

Auch wenn keiner ihrer Hauptanwendungsfälle (nicht rechtzeitige Zahlung der Abgabe bzw. Eintritt der Sperrwirkung des § 7 StraBEG) vorliegt, ist es anerkannt, dass die Norm grundsätzlich dann greift, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG zwar nicht vorliegen, die Erklärung aber wegen § 10 Abs. 2 StraBEG dennoch zu einer Festsetzung führt. Auch wenn § 10 Abs. 3 StraBEG in diesen Konstellationen bislang regelmäßig zu Lasten der Steuerpflichtigen angewandt wurde, kann nichts anderes gelten, wenn sich die Norm im vorliegenden Fall zugunsten des Klägers auswirkt.

Soweit die schenkungsteuerliche Relevanz der Vermögensverschiebungen nicht abschließend geklärt werden konnte (Vermögensverschiebungen der bzw. in Richtung der Stiftungen Y und Z) war die Klage jedoch abzuweisen. Insofern ist unklar geblieben, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG (nicht) erfüllt sind, so dass in der Folge auch nicht festgestellt werden kann, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 StraBEG gegeben sind. Dies geht zu Lasten des Klägers. Soll ein bestandskräftiger Bescheid geändert werden und sieht die Korrekturvorschrift - wie hier mit dem Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 StraBEG - besondere tatbestandliche Voraussetzungen vor, so trägt regelmäßig derjenige die Feststellungslast für deren Vorliegen, der die Korrekturmöglichkeit für sich in Anspruch nimmt.

Zwar hat der BFH erkannt, dass eine Abgabenfestsetzung nach dem StraBEG (zugunsten einer dann erfolgenden und für die Steuerpflichtigen regelmäßig ungünstigeren "Regelfestsetzung") aufgehoben werden kann, wenn unklar bleibt, ob eine Straftat tatsächlich vorgelegen hat. Anderes hat angesichts der verfahrensrechtlichen Rollenverteilung zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt nach dem StraBEG jedoch dann zu gelten, wenn der Steuerpflichtige sich erst nach Eintritt der Bestandskraft der Abgabenfestsetzung aufgrund einer geänderten rechtlichen Bewertung des Lebenssachverhalts auf § 10 Abs. 3 StraBEG beruft. Denn der Steuerpflichtige hat mit seiner Erklärung nach dem StraBEG den von ihm ausgewählten Lebenssachverhalt endgültig der Besteuerung unterworfen. Zweifelt er daran, ob die Voraussetzungen des StraBEG vorliegen, so kann er Einspruch einlegen und den Eintritt der Bestandskraft verhindern, das Finanzamt hat eine solche Möglichkeit hingegen nicht.

Linkhinweis:

Schleswig-Holsteinisches FG NL vom 28.3.2013
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