09.12.2020

Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft

Für Erwerbsvorgänge vor Inkrafttreten der Änderungen in § 1 Abs. 2a GrEStG durch das Steueränderungsgesetz 2015 wird zur Berücksichtigung mittelbarer Strukturen auf allen Beteiligungsebenen durch Kapital- und Personengesellschaften gleichermaßen durchgeschaut. Hat die Finanzbehörde nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG die Besteuerungsgrundlagen für einen zu einem bestimmten Zeitpunkt durch einen bestimmten Rechtsvorgang verwirklichten Erwerbsvorgang gesondert festgestellt, kann sie den Bescheid weder im Einspruchsverfahren noch im Klageverfahren dahingehend ändern, dass der Erwerbsvorgang durch einen zu einem anderen Zeitpunkt und einen anderen Rechtsvorgang verwirklichten Erwerbsvorgang ausgetauscht wird.

BFH v. 17.6.2020 - II R 18/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war 2000 unter der Firma A1-KG gegründet worden. Persönlich haftende Gesellschafterin ohne Beteiligung am Kapital war die A2-mbH. An dem Kapital der A1-KG von 10.000 € waren die B-mbH mit 100 € sowie die C-GmbH mit 9.900 € beteiligt. An dieser Kommanditistin war u.a. der D. beteiligt und zwar zum 9.12.2003 mit 79.750 € von insgesamt 495.000 €, also mit ca. 16 %. Ende 2000 hatte die A1-KG von der C GmbH ein Grundstück erworben. Am 21.3.2007 übertrug die C-GmbH auf ihren Kommanditisten D. aus ihrem Kommanditanteil an der A1-KG einen Anteil i.H.v. 600 €; ihr Kommanditanteil betrug danach 9.300 €. Gleichzeitig betrug die Beteiligung von D. an der C-GmbH rund 40 %.

Am 3.4.2007 änderte die C-GmbH ihre Firma in E-GmbH. Am 4.4.2007 wurde die E-GmbH auf die F-GmbH verschmolzen. Die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister der GmbH erfolgte am 20.4.2007. Am 23.12.2008 wurden in das Handelsregister für die A1-KG folgende Eintragungen vorgenommen: 1. das Eintreten des D mit 600 € als neuer Kommanditist, 2. die Namensänderung der A2-GmbH in E-GmbH, 3. die Herabsetzung deren Kommanditanteils auf 9.300 € sowie 4. deren Ausscheiden als Gesellschafterin und 5. der Eintritt der F-GmbH im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge.

Mit Bescheid vom 14.8.2009 stellte das Finanzamt nach § 17 Abs.3a GrEStG fest, dass mit der Handelsregistereintragung vom 23.12.2008 ein Gesellschafterwechsel gem. § 1 Abs.2a) GrEStG stattgefunden habe. Durch die Verschmelzung der C-GmbH mit der F-GmbH und durch den Eintritt des D. seien 99% der Anteile der A1-KG auf neue Gesellschafter übergegangen. Die Klägerin hielt den Bescheid bereits formell für rechtswidrig. So sei der Erwerbsvorgang unrichtig bezeichnet.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Urteil sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer aufgehoben.

Gründe:
Zu Unrecht hat das FG angenommen, dass der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, die Gesellschafterin einer Personengesellschaft ist, an letzterer nicht mittelbar beteiligt ist. Zudem durfte das Finanzamt im laufenden Klageverfahren den angefochtenen Bescheid nicht in der Weise ändern, dass die Besteuerungsgrundlagen nunmehr für einen anderen als den ursprünglich vorgesehenen Erwerbsvorgang festgestellt wurden.

Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Die Änderung des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG kann in einem einzelnen Rechtsvorgang oder in Teilakten über einen Zeitraum von längstens fünf Jahren erfolgen.

Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft liegt vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ist danach erst in dem Zeitpunkt erfüllt, in dem die Gesellschaftsanteile dinglich auf die neuen Erwerber übergehen. Nach § 1 Abs. 2a GrEStG gilt - anders als bei § 1 Abs. 3 GrEStG - nicht schon der (schuldrechtliche) Abschluss des Rechtsgeschäfts, das einen Anspruch auf Übertragung von Gesellschaftsanteilen begründet, als ein auf die Übertragung von Grundstücken gerichtetes Rechtsgeschäft, sondern erst die (dingliche) Änderung des Gesellschafterbestandes.

Der Übergang von Gesellschaftsanteilen auf neue Gesellschafter kann sich auch durch eine Umwandlung, etwa durch eine Gesamtrechtsnachfolge aufgrund einer Verschmelzung ergeben. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ist daher erfüllt, wenn eine Kapitalgesellschaft, die ihrerseits mehr als 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft hält, auf eine andere Kapitalgesellschaft verschmolzen wird. § 1 Abs. 2a GrEStG setzt einen mittelbaren oder unmittelbaren Wechsel im Gesellschafterbestand der grundbesitzenden Gesellschafter voraus. Ein Übergang von Anteilen der grundbesitzenden Personengesellschaft auf Gesellschafter, die länger als fünf Jahre zuvor unmittelbar oder mittelbar an der Gesellschaft beteiligt sind (sog. Altgesellschafter), reicht nicht aus.

§ 1 Abs. 2a Sätze 2 bis 5 GrEStG i.d.F. des StÄndG 2015 regeln die Voraussetzungen mittelbarer Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft bei mehrstufigen Beteiligungen. Danach werden mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt (§ 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG). Demgegenüber gilt eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG). Die Regelungen sind auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 05.11.2015 verwirklicht werden (§ 23 Abs. 13 GrEStG i.d.F. des StÄndG 2015).

Für Erwerbsvorgänge vor Inkrafttreten der Änderungen in § 1 Abs. 2a GrEStG durch das StÄndG 2015 hat der BFH bereits entschieden, dass eine angemessene Berücksichtigung mittelbarer Strukturen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur erreicht werden kann, wenn auf allen Beteiligungsebenen durch Kapital- und Personengesellschaften gleichermaßen durchgeschaut und dortige Veränderungen der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse in die Betrachtung einbezogen werden. Der Auffassung der Finanzverwaltung, die danach unterscheidet, ob an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft wiederum eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, folgte er ausdrücklich nicht. Der Senat hält an der Rechtsauffassung für Erwerbszeiträume, die vor der gesetzlichen Neuregelung des § 1 Abs. 2a GrEStG durch das StÄndG 2015 verwirklicht wurden, fest.
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